Ein Tränenschleier liegt über Niedernhall
In einer Gedenkfeier bringen Bürger ihre tiefe Anteilnahme am Schicksal des zwölfjährigen Jungen zum Ausdruck, der auf einem Supermarktparkplatz in Niedernhall ums Leben kam.
„Seit jenem Abend liegt ein Schatten über unseren Herzen“,
sagt Pfarrerin Janna Hartmann-Vogel in ihrer Ansprache beim Gedenkgottesdienst
für den zwölfjährigen Jungen, der am 11. September auf einem
Supermarktparkplatz in Niedernhall nach einem Streit von einem 18-Jährigen
überfahren und tödlich verletzt wurde.
„Es fühlt sich an, als hätte sich eine tiefe, schwere Nacht
über Niedernhall gelegt. Zwölf Jahre mit seiner Familie, zwölf Jahre mit seinen
Freunden – zwölf Jahre Leben“, fährt sie fort.
Am vergangenen Dienstag strömen zahlreiche Menschen in die
Laurentiuskirche nach Niedernhall, um dem Jungen zu gedenken. Auf dem
Kirchplatz: trauernde Angehörige, Freunde, Bürgerinnen und Bürger. Straßen sind
gesperrt, Polizei und Ordnungsamt sichern den Bereich. Der Medienandrang groß,
die Stimmung gedrückt.
„Hank war ein fröhliches Kind“, erinnert sich die Pfarrerin. Zur Eröffnung erklingt das Lied „Geboren um zu leben“ von Unheilig. Worte, die viele tief berühren: „Es fällt mir schwer, ohne dich zu leben. Jeden Tag, zu jeder Zeit, einfach alles zu geben.“
Gestaltet wird der Gottesdienst von Hanks Umfeld. Drei
Vertreter des Bildungszentrums sprechen für Mitschüler und Lehrer. „Kinder
trauern anders – sie trauern bunt“, heißt es dort. Liebevoll werden
Erinnerungen und Wünsche vorgelesen. Eine kleine Anekdote bleibt lebendig: „In
der sechsten Klasse haben wir uns im Kunstunterricht schwarze Schnurrbärte
gemalt – es ist komisch ohne dich.“ Die Dankbarkeit, ihn gekannt zu haben,
überwiegt in den Erinnerungen. „Du bleibst in unseren Herzen – wir werden dich
nie vergessen. Du warst der beste Freund der Welt. Alles Gute im Himmel – bring
ein bisschen Spaß ins Himmelklassenzimmer.“
Viele Kinder erinnern sich an sein Lachen, seine Späße,
seine Vorlieben – von Kinderriegeln bis Paulaner Spezi. „Dein Lachen war
legendär. Du warst nie langweilig. Du hast unser Leben bereichert.“ Für seine
Mitschüler ist Hanks Tod kaum zu begreifen. Der Schmerz sitzt tief. „Es ist
blöd, dass Menschen sterben. Warum musste Hank sterben?“ Besonders sein herzliches,
unverwechselbares Lachen, das selbst den trübsten Montagmorgen heller machte,
bleibt in Erinnerung. Hank war ein „Spitzbub“, dessen Lächeln das ganze
Klassenzimmer füllte.
In den Kirchenreihen fließen Tränen, doch manches Kinderwort
sorgt für ein Lächeln. In diesem Augenblick scheint Hank durch seine Mitschüler
wieder lebendig.
Auch sein Karatelehrer spricht voller Rührung: „Er hatte
Talent und Leidenschaft, kämpfte sich mit Fleiß durch seine Prüfungen. Es war
wunderbar zu sehen, wie Hank menschlich und sportlich wuchs.“ Am Ende seiner
Rede kämpft er mit den Tränen: „Mach’s gut, Hank. Du bleibst für immer in
unseren Herzen.“
Pfarrer Jakobus Hartmann erinnert daran, wie Hank und seine
Freunde oft die Kirche besuchten: „Sie waren einfach gerne hier. Hank hat jedes
Mal ein Licht entzündet.“ In den Tagen nach der Tat folgen viele diesem
Beispiel – ein Meer aus Kerzen erhellen die Kirche und den Ort, an dem Hank
sein Leben lassen musste.
Bürgermeister Achim Beck zeigt sich bewegt: „Dieser
Donnerstagabend versetzte uns in Schockstarre. Hank war erst zwölf Jahre alt,
sein Leben lag noch vor ihm.“ Er spricht den Eltern und Angehörigen seine tiefe
Anteilnahme aus. Den Verlust des Schülers empfinde er als einen unsagbar
schweren Schmerz, der niemals vergehen werde. „Die Menschen stehen zusammen.
Liebe Eltern – wir sind in Gedanken bei Ihnen und wünschen Ihnen Kraft.“ Beck dankt
den Seelsorgern für ihre einfühlsame Begleitung der Schüler, der freiwilligen
Feuerwehr für ihren Einsatz, ebenso der Polizei und dem Rettungsdienst. Für
Hank kam jedoch jede Hilfe zu spät. „Hank bleibt in unseren Gedanken. Lieber
Hank, ruhe in Frieden.“
Begleitet vom Lied „Ich trag dich weiter“ wird die Feier
fortgesetzt. „Ich seh dein Lachen immer noch vor mir. Alles was mir von dir
bleibt schließe ich im Herzen ein.“ Worte, die die Trauer, aber auch die
Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit spiegeln.
Das Leben seiner Freunde und seiner Familie wurde in dieser
Nacht für immer verändert. „Wir denken an das, womit Hank unser Leben heller
gemacht hat“, sagt Pfarrerin Janna Hartmann-Vogel abschließend.
Auf dem Parkplatz des Supermarktes versammeln sich bereits Stunden
vor dem Gottesdienst viele Menschen, um Hank nahe zu sein. Ein Meer aus Kerzen,
Bildern, Teddybären, Herzen und Rosen schmücken den Ort, an dem Hank gestorben
ist. Darunter eine Botschaft: „Kleiner Mann, wir werden dich nicht vergessen.“
Viele Besucher zeigen sich fassungslos. Ein
Rettungssanitäter sagt: „Ich habe selbst zwei Kinder. Der Bub war gerade einmal
zwei Jahre älter als meine Tochter. Kein Streit rechtfertigt, einem Menschen
das Leben zu nehmen.“ Als Eltern hätte man heutzutage Angst seine Kinder
überhaupt vor die Tür zu lassen. Seine Kollegin ergänzt: „Einsätze mit
verletzten Kindern gehen immer nah. Doch das hier ist unbegreiflich.“
Unbeantwortet bleibt die Frage nach dem „Warum“ – den
Schmerz, den sie hinterlässt, liegt schwer über Niedernhall.
Ich habe diesen Beitrag verfasst, weil ich mir als Journalistin die Frage gestellt habe: Wie kann ich für diesen Jungen einen würdigen Artikel schreiben, der seinem Leben gerecht wird und ihn für immer in Erinnerung bleiben lässt? Solche Aufträge sind immer besonders – und zugleich schwierig. Denn eigentlich möchte man die Familie in dieser schweren Zeit am liebsten in Ruhe lassen. Umso mehr hoffe ich, dass es mir gelungen ist, für Hank und seine Angehörigen einen Text zu schreiben, der seiner Geschichte und seinem Wesen gerecht wird. Einen Artikel, den Menschen im Herzen tragen können – so wie Hank selbst.
Lisa-Marie Irschik, Südwestpresse Hohenlohe
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