Rumäniens grausame Realität: Qualvolle Tötungen, tiefe Korruption und das tragische Schicksal der Straßenhunde

Rumäniens Straßenhunde sind täglich Opfer qualvoller Tötungen, begünstigt durch ein System aus Korruption und politischem Versagen. Tag für Tag müssen sie dieses grausame Schicksal erleiden – und hoffen still darauf, von den Menschen wahrgenommen zu werden. Trotz aller Hindernisse kämpfen mutige Tierschutzorganisationen unermüdlich dagegen an, um den Kreislauf aus Gewalt zu durchbrechen und den hilflosen Tieren eine Stimme zu geben.


Es sprechen: 
Eva W. vom Verein Hund im Glück
„Der Fahrer“ am Rettungstag in Alexandria
Konrad Kranz
Matthias Schmidt vom Verein Tierhilfe Hoffnung
Cristina Lapis vom Verein Bund gegen Missbrauch der Tiere
Sonja Slezacek vom Verein TASSO
Nathan Goldblat
Jana Hoger vom Verein PETA Deutschland 
Tom Putzgruber vom Verein respekTIERE
Nadia Wattad vom Verein Deutscher Tierschutzbund
Jessica B. Tierschutzpartei
Manuela Rowlings von VIER PFOTEN
Sebastian Everding von der Partei Mensch Umwelt Tierschutz 
Isabel Arriage E Cunha von der Europäischen Kommission


Alexandria/Rumänien, 27. Juni 2025. – Es ist früher Morgen in Deutschland, 6:30 Uhr. In Rumänien schlägt die Uhr bereits 7:30 Uhr. Für viele Tierschützer in beiden Ländern beginnt der Tag mit Herzklopfen – und einer Mission: Hunde aus der berüchtigten Tötungsstation in Alexandria retten.


„Wir haben ein gemeinsames Projekt zur Rettung von Hunden aus der Tötungsstation organisiert“,  erzählt Eva W. vom deutschen Verein Hund im Glück. Hinter den nüchternen Worten steckt Dramatik: In der Einrichtung, offiziell als „Public Shelter“ bezeichnet, werden herrenlose Hunde nach einer kurzen Frist eingeschläfert.

Nur wenige Fahrer dürfen das Gelände betreten. Einer von ihnen ist ein 39-jähriger Rumäne, der anonym bleiben möchte. Sein Vorteil: ein gutes Verhältnis zum dortigen Tierarzt – entscheidend, um überhaupt Hunde mitnehmen zu dürfen. Um 6:31 Uhr deutscher Zeit meldet er sich aus der Station: „Good morning, right now I am at PS, waiting for vet.“ Noch ist das Tor verschlossen. Dahinter: apathische, verwahrloste Tiere – viele von ihnen mit einem nahenden Todesurteil.


Als der Tierarzt eintrifft, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Der Fahrer holt gefährdete Hunde aus ihren Zwingern, lädt sie in den Transporter und sendet Fotos sowie Informationen in einen Chat mit dem deutschen Team. Unter den ersten Hunden ist eine Hündin, die in der Station all ihre Welpen verloren hat. Eine hochschwangere Hündin darf nicht mit – rumänisches Gesetz schreibt vor, dass neu eingelieferte Tiere 14 Tage bleiben müssen.


Die Entscheidungen fallen oft innerhalb von Sekunden. „He will be put to sleep today. Is from January“, schreibt der Fahrer über einen Hund, der seit Monaten dort sitzt. Er kann maximal 20 Hunde mitnehmen. Per Daumen-Emoji stimmen die Tierschützer in Deutschland über Leben und Tod ab. Jeder Platz ist kostbar.



„Man kann nie sicher sein, ob ein ausgewählter Hund noch da ist – manchmal wurden sie bereits getötet oder von anderen Rettern befreit“, sagt Eva W. Manche Hunde verschwinden spurlos. Bei anderen entscheidet der Tierarzt, dass sie bleiben müssen. „The brown one is new, can’t go“, heißt es etwa zu einer Mutterhündin.



Bis 8 Uhr deutscher Zeit sind alle 20 Plätze belegt. Der Fahrer arbeitet unter massivem Zeitdruck: „In 30 min I need to finish. The vet will go“, schreibt er, als er erst acht Hunde verladen hat. Ein zweites Team rettet zeitgleich ebenfalls 20 Tiere.


Für Eva W. und ihre Mitstreiter sind diese Momente emotional extrem belastend. „Man sieht die Bilder, weiß, dieser Hund stirbt ohne unsere Hilfe – und muss dann in Sekunden entscheiden.“ Hund Nummer 20 erhält später den Namen Cooper – gerettet buchstäblich in letzter Sekunde.




Am Ende dieses Tages überleben 40 Hunde, die ohne das Eingreifen der Helfer getötet worden wären. Doch die Bilder bleiben. Hinter Gittern – ein schwarzer Hund, der laut Fahrer getötet werden sollte. „Natürlich kam er mit in den Transporter“, sagt W. Sie beschreibt den Ort als dunkel, bedrückend, und die Hände des Tierarztes grob, als er Cooper übergibt.

Für die Retter bleibt ein schmaler Lichtstreif: 40 Hunde sind nun in Sicherheit. Doch sie wissen, dass am nächsten Tag wieder andere in den Zwingern sitzen werden – und erneut jede Minute zählt. „Es ist Wahnsinn, was da von uns abverlangt wird.“


Hinweis: Cooper ist im August 2025 leider im Foster verstorben. Es kam zu einer Beißerei zwischen den Hunden. Er hat es nicht überlebt. 



„Ich fühle mich glücklich und müde“

     „Der Fahrer“ über den Rettungstag in der Tötung Alexandria


Der Mann, der am 27. Juni 2025 in der Tötungsstation von Alexandria 20 Hunde vor dem sicheren Tod rettet, möchte anonym bleiben. Er ist 39 Jahre alt, lebt in Rumänien – und kennt den Alltag in solchen Einrichtungen seit über einem Jahrzehnt. „Ich versuche, eine gute Beziehung zum Tierarzt in Alexandria zu erhalten – so wird es leichter, die Hunde aus dem öffentlichen Tierheim zu retten“, erklärt er.


Das „öffentliche Tierheim“ ist, so wie es in Rumänien oft bezeichnet wird, eine Tötungsstation. Die Kapazität in Alexandria: rund 100 bis 120 Hunde. Am Tag der Rettung bleiben etwa 40 Tiere zurück. „Einerseits hoffnungsvoll – viele wurden gerettet. Andererseits bedeutet das auch: Es wurde Platz für neue Hunde geschaffen. Und wir wissen, was das bedeutet.“


Zu Hause teilt er sein Leben mit 15 Hunden und fünf Katzen. Zwei seiner Hunde haben ein Bein verloren – nicht aber ihre Lebensfreude. Auf der Straße hält er stets die Augen offen, versorgt verletzte oder ausgesetzte Tiere, bringt sie in Sicherheit.

Die Arbeit in der Tötungsstation ist für ihn belastend. „Die Bilder brennen sich ins Herz, und die Gedanken an die Zurückgelassenen wiegen schwer.“ Doch es gibt auch Momente, die ihn tragen: Wenn er Fotos der geretteten Hunde bekommt – wie sie auf Sofas liegen, gestreichelt werden, entspannt schlafen oder „in Hundesprache“ lachen. „Das ist mein Antrieb. Wenn jeder seinen Teil beiträgt, können wir die Welt verändern.“



Sein Ziel ist klar: Tieren in Not eine zweite Chance geben – mit Geduld, Liebe und einem sicheren Zuhause. An diesem Tag beschreibt er seine Gefühlslage schlicht als „glücklich und müde“. Glücklich, weil 20 Hunde nun in Sicherheit sind. Müde, weil die Stunden in der Tötungsstation emotional und körperlich zehren.

Rumänien habe aus seiner Sicht ein „Bildungsproblem und einen Mangel an Sterilisation“. „Leider kümmern sich die Menschen nicht viel um Tiere – es fehlt an Kultur und Geld.“ Trotzdem macht er weiter. Wenn er nach Hause kommt und das Gartentor sich öffnet, wird er von seinen Hunden empfangen – für ihn das schönste Gefühl der Welt. „Wenn jeder Einzelne seinen kleinen Teil beitragen würde, könnten wir gemeinsam eine bessere Welt schaffen.“

„Hunde in Rumänien sterben nicht, sie verrecken jämmerlich.“

                                                                   Konrad Kranz

Konrad Kranz ist 70 Jahre alt, stammt aus Salzburg und lebt seit fünf Jahren in Rumänien. Dort betreibt er in Pitesti ein privates Foster – einen Zufluchtsort für Straßenhunde. Sein Alltag ist geprägt von Leid, Krankheit und einer gesellschaftlichen Gleichgültigkeit, die ihn immer wieder erschüttert.

Sein Weg hierher begann aus Liebe – zu einer Hündin namens Cani. Sie wurde 20 Jahre und eine Woche alt. „Ich versprach ihr, nach Rumänien zu gehen, um den anderen zu helfen.“ Dieses Versprechen verändert sein Leben.

Seit 2014 engagiert sich Kranz für rumänische Straßen- und Tötungshunde, 2020 wanderte er endgültig aus. Er kennt die Gründe für das Elend: trächtige Hündinnen, wirtschaftliche Not, familiäre Probleme – oder schlicht der Satz: „Der Hund frisst zu viel.“ Viele Tiere leben als Wachhunde auf Höfen, ohne Kontakt zur Familie, ohne medizinische Versorgung. Kastrations- und Registrierungspflichten existieren zwar im Gesetz, werden aber kaum eingehalten. Kontrollen durch die Tierschutzpolizei? Praktisch nicht vorhanden – sechs Beamte für 600.000 Einwohner und schätzungsweise 200.000 Hunde. „Die Besitzer lassen ihre Hunde nicht kastrieren, da sie denken, dass sie sonst das Grundstück und Eigentum nicht mehr bewachen – sie seien nicht mehr aggressiv genug und hätten keinen Wachinstinkt mehr.“


In der Praxis bedeutet das: Hunde werden eingefangen, 14 Tage in einem „Public Shelter“ – einer Tötungsstation – gehalten und, falls sich niemand meldet, getötet. Manche Veterinäre erschießen die Tiere oder spritzen ohne Narkose. „Die Hunde schreien fünf bis zehn Minuten vor Schmerzen. Das ist kein Tod – das ist Folter.“ Besonders der Tierarzt in Alexandria stehe im Verdacht, Papiere zu fälschen, Gelder zu unterschlagen und Tiere unter dem Vermerk „natürlicher Tod“ sterben zu lassen. Krankheiten wie Staupe oder massiver Zeckenbefall seien dort alltäglich.


Kranz nennt das System „mafiös“ und sieht die EU in Mitverantwortung. Er fordert ein europaweites Verbot der Tötung von Hunden sowie die Einhaltung von Mindeststandards in Tierheimen. „Nicht nur Rumänien ist betroffen – auch Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Spanien oder Kroatien töten.“

Die Grausamkeiten, die er schildert, sind konkret: 106 Welpen, in Säcken im Wald entsorgt. Hunde, die nachts auf die Straße schleichen, um nicht überfahren zu werden. Manche Einwohner sprechen von „verlorenen Wochen“, wenn sie in dieser Zeit keinen Hund getötet haben.

Besonders im Gedächtnis bleibt ihm die Hündin Quinnie, die vor seinem Haus ausgesetzt wurde – krank, geschwächt, zuvor von Nachbarn mit Besen und Füßen traktiert. Oder die 14 Welpen aus Alexandria, von denen vier starben, weil die Mutter zu krank war, um sie ausreichend zu versorgen. „Wenn ein Hund stirbt, ist das für mich eine Niederlage“, sagt er mit brüchiger Stimme. „Die Hunde dort verrecken, man kann nicht sterben sagen, da sie wirklich jämmerlich verrecken – an Misshandlungen der Menschen, Würmer, Zecken, Krankheiten.“ Ändern sich die Rahmenbedingungen nicht, würde es laut Konrad Kranz bis in die Ewigkeit so weitergehen.

Trotz all dem macht der 70-Jährige weiter. „Wir heben hier nur ein Sandkorn aus der Sahara. Mehr können wir nicht tun. Aber dieses Sandkorn zählt.“ Die Arbeit, die Hoffnung und die Hunde, denen er helfen kann, sind sein Antrieb. „Manchmal ist es kaum zu ertragen – überall sind Hunde, überall Leid. Aber ich mache weiter. Für Quinnie. Für Cani. Für all die anderen.“


„Ein kastrierter Hund vermehrt sich nicht, bleibt aber in seinem Revier – das verhindert die Ansiedlung neuer nicht kastrierter Hunde“ 

                                                         Matthias Schmidt

Matthias Schmidt ist Vorsitzender des Vereins Tierhilfe Hoffnung und Leiter der Smeura – dem größten Tierheim Europas im rumänischen Pitesti. Bereits mit neun Jahren entdeckte er seine Liebe zu Hunden. Der Grund: seine Nachbarin Ute Langkamp. „Sie nahm Straßenhunde aus Italien und ehemalige Laborhunde bei sich auf“, erklärt der 43-Jährige. „Ich fasste mir ein Herz, klingelte an ihrer Tür und fragte, ob ich mit den Tieren Gassi gehen darf.“ Das war der Beginn einer Freundschaft zu den Vierbeinern, die sein Leben prägt.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Mit 18 Jahren reist Schmidt erstmals nach Rumänien. Im April 2000 entdeckt er die stillgelegte Fuchsfarm, die heute als Smeura bekannt ist. Damals erlebt er die Brutalität des rumänischen Umgangs mit Straßenhunden hautnah: Bagger heben Massengräber aus, in die Tiere lebendig hineingeworfen, mit Wasser übergossen und verschüttet werden. „Das war kein Tod – das war pure Folter.“ Städtische Tierfänger fangen im Auftrag der Bürgermeister Straßenhunde ein und bringen sie systematisch um.

Das heutige Tötungsgesetz tritt zwar erst 2013 in Kraft, doch die Praxis der Hundetötungen existiert seit den 1970er-Jahren. Mit dem EU-Beitritt Rumäniens 2007 wächst die Hoffnung auf ein Ende – stattdessen entstehen 143 staatlich legitimierte Tötungsstationen. Alexandria ist eine davon. „Dem dortigen Amtsveterinär würde ich nicht einmal ein Skalpell in die Hand geben – fachlich untragbar.“


Bis 2013 verfolgt die Smeura ein anderes Konzept: Hunde werden eingefangen, medizinisch versorgt, kastriert und in ihr Revier zurückgebracht. „Ein kastrierter Hund löst das Problem nachhaltig – ein toter nicht“, betont Schmidt. Das Prinzip dahinter: Ein kastrierter Hund bleibt in seinem Gebiet und verhindert, dass neue, unkastrierte Tiere dort ansiedeln. „Dieses Platzhalterprinzip beruht auf dem natürlichen Rudelverhalten.“ Ein toter Hund hingegen hinterlasse ein leeres Revier – und das wird schnell von einem neuen, fortpflanzungsfähigen Tier übernommen.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

„Das neue Gesetz sieht eine 14-tägige Frist vor, in der ein Hund im öffentlichen Tierheim versorgt und abgeholt werden kann – danach darf eingeschläfert werden.“ Dabei bemerkt Schmidt, dass sich viele Stationen, wie etwa Alexandria, nicht daran halten. Die Hunde säßen teils monatelang unter widrigsten Bedingungen in ihren Tötungszwingern.

Heute beherbergt die Smeura über 6.000 Hunde, 1.200 Welpen und 450 Katzen. Seit dem Tötungsgesetz dürfen kastrierte Straßenhunde nicht mehr zurückgebracht werden.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Der 43-Jährige verdeutlicht die Wirkung kastrierter Hunde klar an einem Praxisbeispiel: „Nach Inkrafttreten des Tötungsgesetzes im Jahr 2013 werden selbst kastrierte, registrierte Hunde wieder eingefangen.“ Eine spätere Auswertung zeige, dass rund 4.500 dieser Tiere eindeutig identifiziert werden können. Das zeige: systematische Kastration ließe die Straßenhundepopulation innerhalb weniger Jahre drastisch senken – von über 33.000 auf unter rund 4.500 Hunde.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Die Ursachen der Straßenhundproblematik liegen für Schmidt klar auf der Hand: Besitzerhunde auf ländlichen Höfen sind oft unkastriert, nicht gechippt und nicht geimpft. Der Nachwuchs landet irgendwann auf der Straße und wird zum „Problemhund“ erklärt. Kommunen setzen auf Tötung als schnellen, optischen Lösungsansatz.

Die Smeura kämpft dagegen mit sechs mobilen Kastrationswagen, die gezielt Dörfer anfahren. Dabei zeigt sich ein Dominoeffekt: Kastriert einer, ziehen die Nachbarn oft nach. Schulprojekte fördern zudem langfristig ein Umdenken. „Ein Junge, der 2011 an unserem Projekt teilnahm, studiert heute Tiermedizin – und wird bald in der Smeura arbeiten.“


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Gleichzeitig kritisiert er, dass Rumänien zwar eines der besten Tierschutzgesetze Europas besitzt: das Gesetz 258/2013 – mit Kastrations- und Registrierungspflicht für alle Hunde – doch die Umsetzung fehlt. Kontrollen sind selten, Konsequenzen bei Verstößen quasi nicht vorhanden. „Ein Gesetz ohne Durchsetzung ist wertlos.“ In vielen ländlichen Regionen Rumäniens sei es alltäglich, dass Menschen zwei bis vier Hunde halten – oft unkastriert, nicht registriert und nicht geimpft. Die Adoptionsbereitschaft, gerade für ehemalige Straßenhunde oder Mischlingen, sei gering. „Tötungsstationen scheinen in diesem Kontext für viele Kommunen ein einfacher Ausweg zu sein – doch sie verschärfen das Problem langfristig.“ Besonders grausam beschreibt Schmidt die Tötungsmethoden selbst: „In manchen Stationen werden Frostschutzmittel anstelle von Narkosemitteln verwendet – weil es billiger ist.“


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Ein oft gehörter Vorwurf sei: „Die EU finanziert die Tötungen.“ Das sei faktisch laut Schmidt falsch. „Die EU stellt Fördermittel zur Verfügung – insbesondere aus dem Tourismus- und Infrastrukturfonds sowie dem Tollwutfonds.“ Diese Mittel seien jedoch nicht zweckgebunden und müssen lediglich grob in den Bereich „Seuchenprävention“ fallen. „So können sie theoretisch auch für Tötungsstationen verwendet werden – wenn das plausibel begründet wird.“ Schmidt beschreibt die EU in ihrer derzeitigen Rolle als „Großonkel“, der einmal im Jahr zu Besuch kommt, einen Rat gibt – und bei guter Laune Geld. „Umgesetzt wird aber nur, was der Mitgliedstaat will“, betont der 43-Jährige. „Die EU kontrolliert die Mittelverwendung nicht ausreichend. Auch die rumänische Politik zeigt bislang kein echtes Reforminteresse.“

Gesetze können nur im jeweiligen Mitgliedsland selbst entstehen – durch politischen Willen, parlamentarische Mehrheiten und gesellschaftliche Mitwirkung.

Der 43-Jährige stellt ein Modellprojekt vor, das kürzlich an den Start geht: „In Zusammenarbeit mit den Veterinärämtern besuchen Teams gezielt Haushalte, um Besitzerhunde zu registrieren, impfen, chippen und kastrieren.“ Wer sich dieser Maßnahmen verweigert, werde vom Amt abgemahnt. Bei weiterer Verweigerung folge ein Bußgeld oder eine behördliche Auflage durch die sogenannte „Tierpolizei“. Diese Tierpolizei gäbe es in jedem Landkreis und ist fester Bestandteil der Polizeibehörde. Jeder Hundebesitzer könne die Smeura aufsuchen, um sein Tier kostenlos zu registrieren, kastrieren und medizinisch versorgen zu lassen – jederzeit, ohne Termin. „Jeder, der einen Hund aus Rumänien adoptiert, sollte sich verpflichten, mindestens drei Kastrationen zusätzlich zu finanzieren.“ Schmidt beschreibt die Situation als ewiger nicht endender Kreislauf: „Wenn keine Hunde kastriert werden, landen die nächsten wieder in der Tötung – und ich mache mich, ohne es zu wollen, zum Systemhelfer.“


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.


Copyrights: Tierhilfe Hoffnung e.V.

Was nach der Rettungsaktion in Alexandria am 27. Juni 2025 geschieht

Ein Facebook-Beitrag von Nicoleta Sroujis, einer rumänischen Tierschutzaktivistin, gibt darüber Aufschluss.

Montag, 14. Juli 2025: Sroujis veröffentlicht 41 Fotos von neu eingefangenen Hunden, die in die Tötungsstation von Alexandria gebracht werdem. Begleitet werden die Bilder von einem eindringlichen Appell zur Rettung der Tiere. Als eine der wenigen Personen mit uneingeschränktem Zugang zur Tötungsstation setzt sich Sroujis unermüdlich für die dort untergebrachten Hunde ein. Sie appelliert an Vereine, weitere Rettungsaktionen zu organisieren – wie jene vom 27. Juni.

Der Beitrag macht deutlich, wie dringend ein nachhaltiger Tierschutz erforderlich ist. Wie Matthias Schmidt erklärt, sind in den Revieren, aus denen die Hunde stammen, bereits neue Plätze frei – für ebenso viele unkastrierte Tiere. Ein endloser Kreislauf beginnt von Neuem.

„Brasov ist die einzige Stadt in Rumänien, in der es keine Straßenhunde mehr gibt.“

                                                       Cristina Lapis

In vielen Teilen Rumäniens gehört das Leid der Straßenhunde noch immer zum Alltag. Seit Jahrzehnten werden Tiere in kommunalen Tierheimen nach kurzer Frist getötet. Doch eine Stadt zeigt, dass es auch anders geht: Brasov.

„Brasov ist die einzige Stadt in Rumänien, in der es keine Straßenhunde mehr gibt – das städtische Tierheim ist seit 2013 keine Tötungsstation mehr“, sagt Cristina Lapis, Vorsitzende des Vereins Bund gegen Missbrauch der Tiere (BMT).

Vor 25 Jahren ist die Lage noch völlig anders. „In diesem Tierheim wurden früher rund 30.000 Hunde alle zwei Jahre getötet“, erinnert sich Lapis. Die Tiere leben unter schlechten Bedingungen und haben kaum eine Überlebenschance. Erst als der BMT gemeinsam mit der rumänischen Organisation Millions of Friends ein Abkommen mit dem Rathaus schließt, ändert sich die Situation. Die Euthanasie wird beendet und das Management des Tierheims geht in die Hände der Tierschützer über.

Ein zentrales Erfolgsrezept ist die konsequente Kastration. „Wir konnten Brasov überzeugen, dass Kastration der einzige Weg ist, um Straßenhunde zu verhindern“, betont Lapis. Mit Unterstützung des BMT organisiert Millions of Friends groß angelegte Kastrationskampagnen und vermittelt bis zur Corona-Pandemie jedes Jahr rund 1.000 Hunde – viele davon nach Deutschland.

Trotz des Erfolgs in Brasov sieht Lapis, dass das Land insgesamt noch weit zurückliegt. „Die Situation ist sehr schlecht – das Tötungssystem hat sich seit 25 Jahren nicht verändert.“ Sie fordert, dass die EU die rumänischen Behörden dazu verpflichtet, das bestehende Gesetz umzusetzen, das Hundehalter zur Kastration und Registrierung ihrer Tiere anhält.

Besonders kritisch sieht sie, dass in vielen Regionen ein Geschäft aus dem Leid der Tiere gemacht wird: „In den letzten Jahren sind Straßenhunde zu einem Geschäft für Strukturen geworden, die die Hunde von der Straße holen, nach 14 Tagen töten – und all das mit öffentlichen Geldern.“ Ihrer Ansicht nach sollte dieses Geld besser dafür eingesetzt werden, die Besitzer bei Kastration und Registrierung zu unterstützen. „Das würde auch das Aussetzen von Tieren reduzieren.“

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg sei Bildung. „Millions of Friends und der BMT haben seit 2013 ein Bildungsprogramm für Kinder entwickelt, das von der EU-Gesundheitsbehörde SANCO anerkannt wurde – mit bemerkenswerten Fortschritten im Bezirk Brasov.“

Ganz gelöst ist das Problem jedoch nicht: Rund 1.000 Hunde befinden sich derzeit noch in den Tierheimen der Stadt und der Organisation – viele davon stammen aus anderen Orten. „Die Menschen wissen, dass dies der einzige Weg ist, sie zu retten.“ Ohne politischen Willen auf nationaler Ebene werde die Arbeit des BMT immer auf Einzelfälle beschränkt bleiben – und das Problem im Land bestehen.

Brasov aber beweist: Mit Kastrationen, Aufklärung und konsequenter Umsetzung von Gesetzen lässt sich das Straßenhundeproblem beenden – und aus einer Tötungsstation kann ein sicherer Ort für Tiere werden.

„Die Europäische Union muss aus unserer Sicht wesentlich konsequenter prüfen, wie und wohin Fördermittel fließen.“

                                                         Heike Weber

Die Lage der Straßentiere in Rumänien bleibt aus Sicht des Vereins TASSO dramatisch. „Tötungen sind weder ethisch vertretbar noch wirksam“, betont Heike Weber, Leiterin des Tierschutzes bei TASSO.

Besonders kritisch sieht sie die Praxis staatlich geförderter Tötungsstationen. „Statt strukturelle Probleme, wie fehlende flächendeckende Kastrationsprogramme, mangelnde Aufklärung oder unzureichende gesetzliche Regelungen anzugehen, wird auf kurzfristige Maßnahmen gesetzt – Tierleid wird verlagert und verschärft.“

Der Verein arbeitet seit rund zehn Jahren in einer Partnerschaft mit der Stadt Targu Mures, um ein tierschutzgerechtes Hundemanagement ohne Tötungen zu fördern. „Positiv bewerten wir Initiativen auf kommunaler Ebene, bei denen durch Kooperationen mit lokalen Tierschutzorganisationen Kastrationsaktionen, Aufklärungsarbeit und der Aufbau tiergerechter Unterbringung erfolgreich angestoßen wurde.“ Allerdings seien solche Ansätze noch viel zu punktuell und stark abhängig vom politischen Willen und personellen Kapazitäten vor Ort.

Scharfe Kritik übt Weber an der Europäischen Union: „Die Europäische Union muss aus unserer Sicht wesentlich konsequenter prüfen, wie und wohin Fördermittel fließen.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass EU-Gelder – direkt oder indirekt – Strukturen stärken, die tierschutzwidrig agieren. Stattdessen fordert sie gezielte Investitionen in Programme für Kastrationen, Aufklärung, Ausbildung von Veterinärpersonal sowie den Aufbau tierschutzgerechter kommunaler Tierheime.

Für eine nachhaltige Lösung nennt Weber klare Prioritäten: flächendeckende, kostenlose Kastrationsprogramme, verbindliche Standards für kommunale Tierheime, Sanktionen gegen illegale Fang- und Tötungspraktiken, Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung und eine enge Kontrolle der Verwendung öffentlicher Mittel.

Auch die Rolle der Medien ist für sie entscheidend: „Internationale Berichterstattung, auch im deutschsprachigen Raum, ist essenziell, um politischen Druck aufzubauen. Dann lassen sich Handlungsspielräume für lokale Akteure schaffen.“ Medien hätten eine Schlüsselfunktion, um Zivilgesellschaft, Politik und EU-Institutionen zum Handeln zu bewegen.

TASSO setzt dabei auf enge Kooperation mit vertrauenswürdigen Partnern im In- und Ausland. „Diese Zusammenarbeit ist unerlässlich, um seriösen Tierschutz vom kommerziellen Tierhandel klar abzugrenzen und nachhaltig wirksame Projekte voranzutreiben. Der Austausch von Know-how, gemeinsamen Standards und strategischem Lobbying auf europäischer Ebene stärkt den Tierschutz als Ganzes.“

„Der Finger muss in die Wunde gedrückt werden – Hunde verdienen Wertschätzung.“

                                                          Nathan Goldblat

Nathan Goldblat ist Schauspieler, Influencer, Content Creator – und leidenschaftlicher Tierschutzaktivist. Bekannt aus Formaten wie Hausparty X, Das Internat, Echt Fame, Krass Klassenfahrt oder zuletzt Notruf Hafenkante, setzt sich der 25-Jährige gemeinsam mit PETA für das Leben von Hunden ein – besonders in Rumänien, wo das Leid der Straßentiere groß ist.

„Wir besuchten einen älteren Mann, der 25 Straßenhunde in seinem Garten hielt, damit sie nicht in die Tötung kommen. Sein Haus war eine Ruine ohne Badezimmer, mit nur einem kleinen Kühlschrank draußen“, erzählt der gebürtige Münchner. Gemeinsam mit PETA habe er Nassfutter an die Hunde verteilt. „Der Mann bat uns, den Hunden nur Trockenfutter zu geben – das Nassfutter esse er selbst.“ Für Goldblat zeigt diese Begegnung nicht nur die Armut vieler rumänischer Dörfer, sondern auch, „wie ein EU-Land so hinterher sein kann“.

Copyrights: Nathan Goldblat

Hunde, sagt er, „verdienen unsere Wertschätzung“. Sie seien liebevolle Wesen, die fest in unserem Leben verankert sind: „Sie geben uns so viel.“ Umso schockierender sei, dass in den letzten drei Jahren 36 Millionen Euro an EU-Steuergeldern nach Rumänien geflossen seien, um Tötungen zu finanzieren. „Mit dem Geld hätte man alle Straßenhunde kastrieren können – plus weitere 150.000 Hunde.“

Besonders erschütternd seien seine Besuche in der Tötungsstation von Alexandria. „Man hört die Hunde, sieht ihre Augen – sie erzählen dir, wie schlimm es dort ist. Wenn ich zu intensiv darüber rede, überkommen mich die Gefühle – es ist einfach ein schrecklicher Ort.“ Für Goldblat ist klar: „Das System ist komplett durchsetzt von Korruption und die EU ist verantwortlich. Sie müsste dringend kontrollieren, wie die Gelder verwendet werden.“

Er berichtet von einem Netzwerk, in dem sogar Bürgermeister privat an Tötungsstationen verdienen. „Firmen geben sich als Tierretter aus und fangen für den Bürgermeister die Hunde, um sie in die Tötungen zu bringen. Oft sind auch Familienmitglieder die Hundefänger.“

Trotz allem plant Goldblat, gemeinsam mit einem Streaminganbieter eine Dokumentation zu produzieren, um das Thema groß zu machen. Die EU habe ihm nahegelegt, eine Million Unterschriften für eine Bürgerinitiative zu sammeln. „Mit meinen Kollegen könnte ich das vielleicht schaffen, aber was dann? Die Kommission würde den Antrag lesen und wahrscheinlich sagen, dass sie nichts tun können.“ Deshalb brauche es „enormen Druck von außen“, um die EU zum Handeln zu bewegen.

Copyrights: Nathan Goldblat

„Wir finanzieren das Problem – Hunde werden behandelt wie Ware“, sagt er. Spenden seien wichtig, aber auch jeder Einzelne könne durch Mails an die EU-Kommission Druck ausüben. „Den Finger in die Wunde drücken – das ist entscheidend.“ Gleichzeitig warnt er vor unseriösen Organisationen: „Spendenaufrufe können auch Schattenseiten haben. Menschen verstümmeln die Tiere aktiv und filmen das, um Geld zu bekommen. Der Verein PETA steht für seriöse Arbeit – darauf sollte man immer achten.“ Der gebürtige Münchner ruft die Bevölkerung auf, nicht wegzusehen – das Thema sei noch zu klein und müsse größer werden. „Was ich auch erschreckend finde ist, dass der Tierschutz in fast keinem Wahlprogramm der Parteien vertreten ist.“

Auch in Deutschland ist Goldblat aktiv – unter anderem bei der Aufdeckung von illegalem Welpenhandel, den er als „eine der profitabelsten kriminellen Machenschaften weltweit“ bezeichnet. Er wirbt dafür, Hunde aus dem Tierschutz zu adoptieren statt bei Züchtern zu kaufen. „Solange weltweit so viele Hunde auf ein Zuhause warten, ergibt Zucht für mich keinen Sinn.“

Sein eigener Einsatz hat schon Leben gerettet – wie das von Sunny, einer Hündin aus einer rumänischen Tötung, die heute bei Content Creator Jorell Williams lebt, oder Rocky, der von Victoria Müller adoptiert wurde. „Man merkt ihnen gar nicht an, dass sie aus Tötungsstationen kommen. Die Hunde sind verspielt und aufmerksam.“ Für Goldblat ist klar: „Der Tierschutz arbeitet mit Profis – und diese Hunde geben dir mehr zurück, als du je erwartet hättest.“

„Gerade in Ländern wie Rumänien, Spanien oder Bosnien ist das Bild von Tieren leider oft noch stark verzerrt.“

                                                                  Jana Hoger

Copyrights: PETA Deutschland

Jana Hoger ist Fachreferentin für den Bereich tierische Mitbewohner bei PETA Deutschland und leitet seit über sieben Jahren das Projekt PETA Helps Romania. Das Ziel: nachhaltiger Tierschutz in einem Land, in dem nach wie vor die meisten heimatlosen Hunde Europas leben – schätzungsweise rund 600.000 Tiere.

Copyrights: PETA Deutschland

„Viele dieser Tiere sind nicht kastriert, wodurch sich die Problematik jedes Jahr verschärft“, erklärt Hoger. Straßenhunde und Haustiere vermehren sich unkontrolliert, Welpen werden ausgesetzt. Für sie ist klar: „Es entsteht ein Kreislauf aus Leid und Überpopulation.“

Mit dem lokalen Partnerverein Eduxanima setzt PETA auf drei Säulen: Kastration, politische Arbeit und Bildung. „Im Fokus steht die groß angelegte und kostenlose Kastration von Hunden und Katzen – sowohl von Straßentieren als auch von Tieren aus der Bevölkerung.“ Parallel führt PETA Gespräche mit Bürgermeistern, Ministerien und Entscheidungsträgern, um gesetzliche Verbesserungen zu erreichen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bildungsarbeit an Schulen: „Veränderung beginnt im Kopf und im Herzen.“

Seit fast acht Jahren ist PETA dauerhaft vor Ort. „Wir sind nicht punktuell da, sondern dauerhaft präsent, kennen die lokalen Gegebenheiten und arbeiten eng mit der Bevölkerung zusammen.“ Auch Öffentlichkeitsarbeit in Rumänien gehört dazu, denn: „Gerade in Ländern wie Rumänien, Spanien oder Bosnien ist das Bild von Tieren leider oft noch stark verzerrt.“ Tiere würden vielerorts nicht als fühlende Wesen, sondern als „Parasiten“ betrachtet, die man loswerden müsse.

Besonders wichtig ist Hoger der direkte Kontakt zu Kindern und Jugendlichen: „Die Kinder und Jugendlichen nehmen mit großer Begeisterung teil, zeigen echtes Mitgefühl, stellen kluge Fragen. Man spürt, wie viel Potenzial in dieser Generation steckt.“ Diese jungen Menschen seien die Entscheidungsträger von morgen: „Sie können den Wandel in ihrem Land vorantreiben.“

Copyrights: PETA Deutschland

PETA arbeitet eng mit Gemeinden zusammen, in denen Kastrationsaktionen stattfinden, und lässt sich schriftlich zusichern, dass kastrierte Hunde nicht von Hundefängern in Tötungsstationen gebracht werden. Das grausame Schicksal vieler Hunde in solchen Einrichtungen beschreibt Hoger deutlich: „Hunde werden mit Frostschutzmittel vergiftet, erschlagen oder auf andere brutale Art getötet. Oft bekommen sie tagelang kein Futter, Wasser oder medizinische Versorgung.“

Copyrights: PETA Deutschland

Für sie ist klar: „Die EU muss sich hier endlich klar und verbindlich positionieren.“ Studien von PETA hätten gezeigt, dass Tötungsstationen häufig Teil eines korrupten Geschäftsmodells sind, finanziert mit öffentlichen Geldern und EU-Subventionen.

Auch in Deutschland engagiert sich PETA für das Thema, mit Petitionen, Kampagnen und einer mobilen Klinik, die in abgelegenen Regionen Rumäniens unterwegs ist. „Wir bauen Hundehütten, leisten Erste-Hilfe, kastrieren tausende Tiere jährlich und bieten Tierschutzunterricht an.“

Copyrights: PETA Deutschland


Copyrights: PETA Deutschland


Copyrights: PETA Deutschland

Bei der Vermittlung von Hunden setzt PETA auf Verantwortung: „Wir sehen es sehr kritisch, wenn Hunde direkt nach der Rettung, teils wenige Tage nach einer Impfung, aus dem Transporter an Privatpersonen übergeben werden.“ Viele Hunde bräuchten Zeit, Pflege und Verständnis. Darum arbeitet PETA ausschließlich mit deutschen Partnertierheimen zusammen – inklusive Vor- und Nachkontrollen sowie Beratung.

Hoger appelliert: „Adoptieren statt kaufen ist nicht nur ein Slogan, sondern eine Haltung.“ Tierheime seien keine traurigen Orte, sondern „Orte voller Hoffnung“. Wer bereit sei, genau hinzuschauen, „wird dort den treuesten Freund fürs Leben finden“.

Copyrights: PETA Deutschland

Kastrieren statt Töten, Aufklären statt Wegschauen, Zusammenarbeiten statt Alleingänge – so könne Tierschutz etwas bewirken.

Hoger möchte den Leserinnen und Lesern noch einen Rat mit auf dem Weg geben: „Wenn Sie einem Tier ein Zuhause geben möchten, nehmen Sie sich die Zeit, es wirklich kennenzulernen. Bitte kaufen Sie keine Tiere im Internet, auf Plattformen oder bei fragwürdigen Züchtern. Adoptieren statt kaufen ist nicht nur ein Slogan, sondern eine Haltung. In deutschen Tierheimen warten unzählige wunderbare Hunde, Katzen und andere Tiere auf ein neues Zuhause – sie haben alle ein zweites Leben verdient. Tierheime sind keine traurigen Orte, sondern Orte voller Hoffnung. Orte, an denen Tiere, die viel erlebt haben, die Chance bekommen, neu anzufangen. Wer bereit ist genau hinzuschauen, wird dort den treuesten Freund fürs Leben finden.“

Copyrights: PETA Deutschland

 „Und trotz all dieser Belastungen, trotz all der schrecklichen Bilder, die ich gesehen habe – was mich weitermachen lässt, sind oft die kleinen Dinge.“

                                                               Tom Putzgruber


Tom Putzgruber kommt aus einem Waldviertel in Niederösterreich – aus einer kleinen Ortschaft mit gerade einmal 300 Einwohnern. Bereits in seiner Kindheit war für den 57-Jährigen der Tierschutz ein großes Thema. Heute engagiert er sich gemeinsam mit vielen anderen Aktivisten im Verein respekTIERE – und hofft, dass er weiterhin Gutes in der Welt bewegen kann. „In meinem Leben gab es tatsächlich ein Schlüsselerlebnis, das mich stark geprägt hat."

Putzgrubers Vater sei in seinem kleinen Heimatort eine Art Dorftierarzt gewesen – obwohl dieser eigentlich kein Tierarzt ist. Wenn jemand ein verletztes Tier findet, bringt man es zu Putzgrubers Vater. „Wir versuchten es aufzupäppeln.“ Der 57-Jährige habe damals die Volksschule besucht und wäre zu dieser Zeit sechs Jahre alt gewesen. „Wir mussten täglich einen etwa drei Kilometer langen Schulweg zu Fuß zurücklegen – Schulbusse gab es bei uns damals noch nicht. Eines Morgens, mitten im Winter – es war besonders kalt, entdeckte ich auf dem Schulweg auf einer Baustelle eine Katze. Sie war steif gefroren und auf einem Ast regelrecht aufgespießt gewesen.“

Ein Bild, das er bis heute nicht vergessen kann. Dieser Anblick hat ihn so erschüttert, dass er gemeinsam mit seinem Bruder und einem Freund aus reiner Wut auf diese Grausamkeit einige Straßenlaternen in der Ortschaft zerstört. „Natürlich nicht die beste Art, mit solchen Gefühlen umzugehen. Jemand hat uns dabei gesehen und so hatte ich mit sechs Jahren meine erste Begegnung mit der Polizei.“ Seine Eltern hätten damals für ihn und seinen Bruder jeweils 300 Schilling Strafe bezahlen müssen – zwar nicht viel in heutiger Währung, aber in den 70er-Jahren ein stolzer Betrag. „Das hat für einiges an Aufsehen gesorgt.“

Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – hat den 57-Jährigen dieses Erlebnis nie losgelassen. „Ich glaube, es hat meinen Lebensweg entscheidend beeinflusst.“ Heute hoffe er sehr, dass Kinder solche Anblicke nicht mehr erleben müssen – aber leider gäbe es noch viel Leid, das Tieren angetan wird.

Obwohl sich im Tierschutz in den vergangenen Jahrzehnten vieles verbessert hat, bleiben nach Ansicht von Tierschützer Tom Putzgruber immer noch zahlreiche „Baustellen“, die ihn und seine Mitstreiter wohl noch lange beschäftigen werden. Die Geschichte seines Vereins respekTIERE ist dabei ebenso ungewöhnlich wie inspirierend.

„Ursprünglich war ich in den späten 90er-Jahren beim Verein gegen Tierfabriken aktiv, einer der großen Tierschutzorganisationen in Österreich. Damals waren dort praktisch alle aktiven Tierschützer versammelt“, erinnert sich der heute 57-Jährige. Zur damaligen Zeit existiert in Salzburg eine kleine Organisation namens respekTIERE – allerdings ist diese kaum noch aktiv und wird vom Verein gegen Tierfabriken lediglich als Plattform genutzt, um Kundgebungen anzumelden. „Für den Verein gegen Tierfabriken war es teils schwerer, Genehmigungen zu bekommen – der Verein wurde als zu radikal angesehen.“


Als die Auflösung von respekTIERE im Raum steht, beschließen Putzgruber und seine damalige Lebensgefährtin, den Namen und die Organisation zu retten. „Die Vereinskasse war praktisch leer – ich glaube, wir hatten unter 100 Euro“, erzählt er. Mit viel Einsatz und einer ersten kleinen Aussendung gelingt es, erste Unterstützer zu gewinnen. Bald wird eine Stiftung auf respekTIERE aufmerksam, die den Verein eine Zeit lang unterstützt. „Heute blicke ich mit Dankbarkeit auf diesen Weg zurück. Aus einer Kindheitswunde, aus einem sehr emotionalen Moment, ist ein Lebensengagement entstanden. Wenn durch mein Engagement auch nur einem Tier geholfen werden kann, dann hat sich jeder einzelne Schritt bereits gelohnt.“


Neben der Arbeit in Österreich ist respekTIERE regelmäßig im Ausland aktiv – insbesondere in Mauretanien und Rumänien. „Die Herausforderungen dort sind groß, unterscheiden sich aber von Land zu Land deutlich.“

In Mauretanien sei es vor allem die extreme Armut, die die Arbeit erschwere. „Natürlich darf Armut niemals als Rechtfertigung für Tierquälerei dienen – aber sie erklärt vieles. Wenn man schon kaum in der Lage ist, die eigenen Kinder satt zu bekommen, dann fehlt oft schlicht der Raum, auch noch an das Leid der Tiere zu denken.“


Seit 2005 – und damit seit mittlerweile 20 Jahren – ist der Verein in der Hauptstadt Nouakchott im Einsatz, vor allem zum Schutz von Arbeitstieren. Dort leben damals rund 80.000 Arbeitsesel, die bis zu 80 Prozent aller Güter transportierten – oft unter Bedingungen, die Putzgruber als „erschütternd“ beschreibt: „Sie ziehen tonnenschwere Lasten bei sengender Hitze, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, 365 Tage im Jahr. Ein besonders einprägsames Beispiel war ein Esel, der mit 50 Eimern à 20 Liter Lackfarbe beladen war – ein Gewicht, das man sich kaum vorstellen kann. Diese Bilder vergisst man nicht.“

In Rumänien wiederum sei es oft die politische Lage, die zu Schwierigkeiten führe. Tierschutz werde je nach Regierung unterschiedlich ernst genommen. Putzgruber erinnert sich an eine Phase, in der das Töten von Straßenhunden ausgesetzt ist – bis eine neue Politikerin „das Rad zurückdrehen“ will. Am Tag der Parlamentsabstimmung protestierte er mit drei Mitstreitern vor dem Gebäude und wurde verhaftet.

Eine andere Episode bleibt ihm besonders im Gedächtnis: „Ich saß allein im Todeskostüm an einer verschneiten Straße mit einem Transparent, auf dem stand ‚Todesstraße für Unschuldige‘. Plötzlich lief ein Hund, den ich von einer Tierschützerin kannte, quer über die Straße direkt zu mir. Dass er ausgerechnet in diesem Moment auftauchte, berührte nicht nur mich, sondern auch die Polizisten, die mich eigentlich mitnehmen wollten. Sie gaben mir stattdessen den Rat, nicht zu lange draußen zu bleiben – es sei einfach zu kalt.“


Neben akuten Hilfseinsätzen organisiert respekTIERE Kastrationsprojekte in mehreren Ländern, um das Leid der Straßentiere langfristig zu verringern. „Es bringt nichts, mit erhobenem Zeigefinger aufzutreten. Kulturen und Mentalitäten sind verschieden. Wir versuchen, gemeinsam mit den Menschen vor Ort Lösungen zu finden – respektvoll und ehrlich. Nur so kann nachhaltiger Wandel entstehen.“


Aufklärung sei für ihn das Herzstück der Arbeit: „Du kannst die besten Aktionen machen, aber wenn das niemand erfährt, ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bilder haben eine enorme Kraft. Eine Kundgebung mit 100 Menschen ist wichtig – aber online können wir damit Zehntausende erreichen.“


Tom Putzgruber hat im Laufe seiner Jahre als Tierschützer nicht nur unzählige Einsätze in Österreich und im Ausland erlebt, sondern auch mehrere Bücher veröffentlicht – darunter Humanimal. „Die Idee dazu ist aus meiner jahrelangen Arbeit und den unzähligen Erfahrungen im Tierschutz entstanden“, erzählt er. Auf der Website seines Vereins veröffentlicht er regelmäßig lange Reiseberichte – etwa über Einsätze in Mauretanien, wo aktuell versucht wird, einen kleinen Gnadenhof zu errichten. Er wolle damit zeigen, „wie erfüllend ein Leben im Tierschutz sein kann, trotz – oder gerade wegen – all seiner Herausforderungen“.

Der Tierschutz sei ein Feld, in dem Fortschritte oft quälend langsam erscheinen. „Viele Menschen im Tierrechtsbereich wirken deshalb auch müde, manchmal sogar deprimiert. Und das ist nicht nur ein Klischee – das ist Realität. Doch wenn man zurückschaut, mit etwas Abstand, dann erkennt man, wie viel sich tatsächlich verändert hat.“ In den 1970ern habe es kaum Tierschutz im heutigen Sinn gegeben. „Erst langsam kamen Themen wie Haustierschutz, dann Pelzfarmen, und wirklich intensiv wurde die Auseinandersetzung mit sogenannten ‚Nutztieren‘ erst ab den 2000er Jahren“, erinnert er sich.

„Was ich mir für den Tierschutz wünsche, ist vor allem dieses Bewusstsein: dass jeder einzelne Mensch Macht hat – jeden Tag, mit jeder Entscheidung. Erst wenn die Gesellschaft nicht mehr bereit ist, Tierleid zu ignorieren, wird sich wirklich etwas ändern.“


„Das Management von Straßentieren fällt nicht unter EU-Kompetenz, sondern unter die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten und in diesen zumeist auf die regionale oder kommunale Ebene.“

                                                               Nadia Wattad

Seit Ende September 2013 ist in Rumänien das international anerkannte Prinzip „Fangen, Kastrieren, Freilassen“ nicht mehr anwendbar. Stattdessen sieht das Gesetz vor, eingefangene Hunde in kommunale Tierheime oder Tötungsstationen zu bringen und sie nach 14 Tagen zu töten.

Der Auslöser für die Gesetzesänderung war der Tod eines vierjährigen Jungen in Bukarest – fälschlicherweise Straßenhunden zugeschrieben, tatsächlich jedoch einem Wachhund. „Solche Vorfälle werden leider in vielen Ländern instrumentalisiert, um die öffentliche Meinung zu Straßenhunden negativ zu beeinflussen und inhumane Methoden zu rechtfertigen,“ erklärt Nadia Wattad, Pressereferentin vom Verein Deutscher Tierschutzbund.

Obwohl das Freilassen nicht ausdrücklich verboten ist, verhindert die gesetzlich vorgeschriebene Praxis faktisch jede Umsetzung von CNR. Die Folge: ein Kreislauf aus Fangen und Töten, der die Population nicht reduziert, da immer wieder neue Tiere ausgesetzt oder geboren werden. CNR steht für „Catch-Neuter-Return“, auf Deutsch: „Fangen – Kastrieren – Freilassen“.

„Fangen und Töten ist weder nachhaltig noch tierschutzgerecht,“ betont Wattad.
Die bestehenden Anreize für Gemeinden – Pauschalzahlungen pro eingefangenem Hund – fördern das System. Versorgungs- und Tötungsmethoden sind oft nicht human, auch kastrierte sowie geimpfte Tiere werden gefangen, was die Arbeit lokaler Tierschützer zunichtemacht.

Mit der Gesetzesnovelle wird auch Kennzeichnungs-, Registrierungs- und Kastrationspflichten für Besitzerhunde eingeführt, ebenso die Pflicht zur Tollwutimpfung. Diese Maßnahmen seien „grundsätzlich positiv“, so Wattad, „da sie die Hauptquelle für Straßenhunde – Besitzerhunde – eindämmen könnten.“ Allerdings fehle es an Kontrollen: „Gemeinden haben oft kein Interesse an einer nachhaltigen Verbesserung, weil das bestehende System wirtschaftlich attraktiv ist,“ erklärt sie.

Seit 2015 reist der Deutsche Tierschutzbund gemeinsam mit Tierhilfe Hoffnung e.V. regelmäßig nach Rumänien, um für CNR zu werben. Das gemeinsam entwickelte Gesamtkonzept zeigt: CNR ist nicht nur tierschutzgerechter, sondern auch kostengünstiger als das Töten.

2024 wird im Landkreis Argeș ein Modellprojekt gestartet:

  • Umwandlung von Tötungsstationen in Kastrations- und Registrationszentren
  • Bis zu 40.000 Kastrationen jährlich
  • Registrierung und Kennzeichnung aller Besitzerhunde

„Wir wollen den Kreislauf der Vermehrung an der Quelle unterbrechen – durch konsequente Kastration und verantwortungsvolle Tierhaltung,“ so Wattad. Die rumänische Veterinärbehörde erwägt, das Modellprojekt landesweit auszuweiten.

Straßentiermanagement ist keine EU-Kompetenz, weshalb Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Dennoch setzt sich der Deutsche Tierschutzbund im Rahmen des Cats & Dogs Proposals für eine EU-weite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht ein.

„Nur, wenn Hunde und Katzen europaweit eindeutig identifizierbar sind, können wir den illegalen Handel wirksam bekämpfen und ausgesetzte Tiere zu ihren Haltern zurückverfolgen,“ betont Wattad.

Medienberichte aus Deutschland können politischen Druck aufbauen – müssen jedoch sachlich bleiben. „Es ist kontraproduktiv, pauschale oder verzerrte Bilder über andere Länder zu zeichnen,“ warnt Wattad. „Wir müssen die engagierten Menschen vor Ort sehen, sie unterstützen und gemeinsam mit ihnen nachhaltige Lösungen entwickeln.“

Rumänien zeigt: Nachhaltiger Tierschutz erfordert Geduld, politische Arbeit und lokale Partnerschaften.
„Hartnäckigkeit, Leidenschaft und überzeugende Argumente zahlen sich aus,“ fasst Wattad zusammen. „Nur durch langfristige Kooperationen und konstruktiven Dialog erreichen wir tierschutzgerechte Reformen – in Rumänien, in Deutschland und europaweit.“

„Statt einer Reduktion der Straßenhundpopulation beobachten wir seit 10 Jahren eine Zunahme.“

                                                                  Jessica B.

Jessica B. tritt der Tierschutzpartei im April 2024 bei – motiviert durch ihre persönliche Erfahrung mit einem Hund aus Rumänien. „Ich bin Mitglied der Tierschutzpartei geworden, nachdem ich selbst einen Hund aus Rumänien adoptiert habe. So bin ich in das Thema Tierschutz hineingewachsen – vom Retten einzelner Tiere zur aktiven politischen Arbeit.“

Ihr Hund Bernd, vermutlich ein Dackel-Mix, kommt ursprünglich als Pflegehund zu ihr. „Seit Ostern 2022 ist er ein fester Bestandteil meines Lebens – und mit ihm wuchs meine Liebe zu den kleinen, krummbeinigen Hunden“, so die 47-Jährige.

Obwohl sie zeitweise Patin für bis zu 15 Hunde ist, liegt ihr Schwerpunkt nie auf Tierheimarbeit.
„Heute möchte ich an der Wurzel des Problems ansetzen – sowohl politisch als auch juristisch.“

Besonders die Situation in Rumänien sieht sie kritisch: „Dort verdienen öffentliche Stellen jährlich Millionen Euro mit sogenannten Tötungsstationen – auf Kosten von Tierleben und durch massive Korruption.“

B. erhebt schwere Vorwürfe gegen den Umgang mit EU-Fördergeldern: „Als deutsche Steuerzahlerin fühle ich mich betrogen: EU-Subventionen, die eigentlich zur Lösung des Problems gedacht sind, verschwinden oft in dunklen Kanälen.“ Statt die Straßenhundpopulation zu reduzieren, habe sich die Zahl der Tiere in den vergangenen zehn Jahren erhöht. Ein Kernproblem sei die fehlende Kontrolle der zweckgebundenen Gelder.
„Die Steuergelder versickern, anstatt für wissenschaftlich bewiesene und nachhaltige Methoden wie Kastration eingesetzt zu werden.“

Die Tierschutzaktivistin berichtet von besonders brutalen Tötungsmethoden in Rumänien, Marokko und der Türkei: Vergiftungen, Luftembolien durch Einspritzen von Luft, Benzininjektionen in den Kreislauf, Lebendiges Verbrennen in Öfen. „Für die Tötungen ist das günstig, doch trotzdem werden die Ampullen mit Einschläferungsmittel abgerechnet,“ kritisiert sie. Darüber hinaus würden Tötungsstationen Gelder für Futter erhalten, die Tiere aber dennoch hungern lassen: „Wo fließt also das Geld hin, wenn sie die Tiere nicht mit Futter versorgen?“

B. fordert Transparenz und europaweite Aufklärung: „Die Missstände werden durch Machtspiele vor Ort verschärft. Politischer Druck und Transparenz sind der einzige Weg, um diese Strukturen aufzubrechen.“ Sie erwägt sogar rechtliche Schritte gegen die EU-Kommission oder Mitgliedsstaaten, muss jedoch feststellen: „Die EU ist in Sachen Tierschutz nur begrenzt zur Rechenschaft gezogen werden kann. Stattdessen muss hier ganz klar für Aufklärung gesorgt werden – und das in ganz Europa.“

Ein zentrales Element ihrer Forderungen sind flächendeckende Kastrationskampagnen:
„Kastrationskampagnen sind ein zentraler Baustein für nachhaltigen Tierschutz. Sie verhindern Tierleid, fördern Bewusstsein in der Bevölkerung und sind wissenschaftlich als effektiv erwiesen.“

Ihr Ziel: EU-weite Förderung und strikte Kontrolle dieser Maßnahmen – basierend auf der Anerkennung, dass Tiere fühlende Wesen sind.

Jessica B. sieht im internationalen Tierschutz vor allem politischen Handlungsbedarf:
„Es ist höchste Zeit, dass sich der politische Wille zur Veränderung durchsetzt. Unsere Steuergelder dürfen nicht Korruption und Tierleid fördern, sondern müssen in Bildung, Soziales und wirksamen Tierschutz fließen.“

„Das systematische Töten gesunder Tiere ist keine Alternative.“

                                                     Manuela Rowlings

Mit diesem klaren Satz eröffnet Manuela Rowlings, Head of Stray Animal Care Europe and Community Engagement bei VIER PFOTEN International, ihre Analyse der Lage in Rumänien. Die gebürtige Britin leitet vom internationalen Hauptsitz in Wien aus die weltweiten Programme der Organisation zur Hilfe für Streunerhunde und -katzen – mit einem besonderen Fokus auf Osteuropa und Südostasien.

„Rumänien ist eines der wenigen EU-Mitgliedsländer, in denen die Tötung gesunder, streunender Tiere zur Populationskontrolle gesetzlich erlaubt ist“, sagt Rowlings. Während in den meisten europäischen Ländern ein solches Vorgehen verboten ist, werde in Rumänien „Euthanasie“ häufig als reguläres Instrument eingesetzt – nicht, um Leiden schwer kranker Tiere zu beenden, sondern um „Platz zu schaffen“. Für die Tierschützerin ist das „nicht nur ethisch völlig inakzeptabel, sondern auch praktisch sinnlos“. Der Grund: Solange die Ursachen wie unkontrollierte Vermehrung und fehlende Kastrationen nicht angegangen werden, ändert sich nichts.

„Viele Straßentiere haben ursprünglich Besitzer“, betont Rowlings. Sie werden ausgesetzt oder entlaufen. Daraus habe sich in Rumänien ein wirtschaftliches System entwickelt, das vom Einfangen und Töten lebt. „Man kann dieses Problem nicht einfach wegfangen.“

Seit vielen Jahren ist VIER PFOTEN in Rumänien aktiv – inzwischen gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation Animal Society. Die Strategie: nachhaltige Maßnahmen wie Kastration, Impfung, medizinische Versorgung und Aufklärung, umgesetzt nach dem Prinzip Catch–Neuter–Return. Ein Erfolgsbeispiel ist die Hafenstadt Konstanza. Dort werden seit 2021 rund 80 Prozent der Hunde kastriert, die Zahl der Welpen sinkt drastisch. „Das zeigt: Humane und wirksame Populationskontrolle ist möglich – ganz ohne Tötungen.“

Nachhaltige Veränderung erfordert laut Rowlings mehrere Bausteine: ein nationales Tötungsverbot, flächendeckende tierfreundliche Programme und den politischen Willen, diese umzusetzen. Die EU könne hier mit einem neuen Tierschutzgesetz verbindliche Standards setzen. „Tötung schafft keinen Raum, sie schafft nur Leid“, sagt sie. „Nachhaltige Veränderung gelingt ausschließlich über systematische Kastration kombiniert mit Aufklärung, Registrierung und politischem Willen.“

Medienberichte sind für Rowlings ein Schlüsselfaktor. „Was die Öffentlichkeit bewegt, bewegt auch die Politik.“ Ihre Hoffnung: Mehr Menschen in Rumänien erkennen, dass es funktionierende, gewaltfreie Alternativen gibt – und, dass ein Land wie Bulgarien mit einem gesetzlichen Tötungsverbot und Kastrationspflicht innerhalb von Jahren deutliche Erfolge erzielt hat.

„Mit der neuen Verordnung für das Wohlergehen von Hunden und Katzen, hätte sich etwas ändern können.“

                                                        Sebastian Everding

Fotograf: Denis Lomme, Copyrights: European Union 2024

Sebastian Everding von der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) übt deutliche Kritik an der Rolle der Europäischen Union im Umgang mit Straßentieren – insbesondere hinsichtlich der Finanzierung von Projekten, die indirekt Tötungsstationen unterstützen könnten.

Auf die Frage, wie die EU mit der Subventionierung solcher Projekte umgeht, erklärt Everding:
„Die EU überlässt die Verwendung von EU-Finanzmitteln weitgehend den Mitgliedstaaten und ist zugleich nicht zuständig für Vorgaben im Management von Straßentieren. Auch wenn sie nicht gezielt Gelder für Tötungsstationen bereitstellt, würde sie auch nichts dagegen unternehmen, wenn Mittel indirekt dafür ausgegeben werden.“ Er fügt hinzu: „Mit der neuen Verordnung für das Wohlergehen von Hunden und Katzen hätte sich diesbezüglich etwas ändern können. Leider sind Änderungsanträge in dieser Richtung nicht von der Mehrheit beschlossen worden. Die EU verhält sich also bedauerlicherweise weiterhin passiv, abgesehen von der Zusammenarbeit mit der ‚World Organisation for Animal Health‘.“

Fotograf: Denis Lomme, Copyrights: European Union 2024

Sebastian Everding sieht die Hauptursachen für Gewalt gegen Straßenhunde in Ländern wie Marokko oder der Türkei vor allem in der „gezielten Dämonisierung von Straßentieren“. Statt wirksame Managementprogramme mit Kastrationen aufzubauen, würden die Tiere „öffentlich zu Hassobjekten gemacht“ – eine Strategie, die das Versagen der Regierungen kaschiere.

Notwendig seien seiner Meinung nach vor allem umfassende Aufklärungskampagnen, die bereits in Schulen und Kindergärten ansetzen müssten. Zudem müsse ein Umdenken bei den Haustierbesitzern erfolgen, „denn es kann nicht sein, dass in vielen Ländern Haus- und Hofhunde nicht kastriert werden“.

Die Tierschutzpartei fordert klar: „Es braucht eine EU-weite legislative Zuständigkeit im Tierschutz, die über Handel und Agrarindustrie hinausgeht. Nur so können die immer gravierender werdenden Problemfelder effektiv und nachhaltig angegangen werden.“ Die Einrichtung eines Tierschutz-Kommissars sei „nur der allererste Schritt“, damit Tierschutz in Europa ernst genommen werde. Zudem müsse die EU international Vorbild sein und Kooperationen zum Wohl der Tiere etablieren.

Everding und sein Team engagieren sich intensiv auf europäischer Ebene: „Wir machen Öffentlichkeitsarbeit, fordern Regierungen und Ministerien zum Handeln auf und organisieren Konferenzen, um das Problembewusstsein zu stärken. Politischer Fortschritt in diesem Bereich ist eines unserer Hauptanliegen.“

Zur Frage nach der Mitverantwortung deutscher oder europäischer Behörden im Umgang mit Straßentieren äußert Everding deutliche Kritik: „Durch die Situation, die ich bereits beschrieben habe, sehen wir ein massives Versagen der EU-Institutionen. Deutschland muss sich im Rat endlich deutlich positionieren. Massenhafte Tötungen und das Leid der Straßentiere dürfen nicht länger geduldet werden.“

Auch die Zusammenarbeit mit Tierschutzorganisationen vor Ort hält Everding für entscheidend:
„Es gibt zahlreiche NGOs, die sich für Verbesserungen einsetzen. Ich engagiere mich selbst für Tierheime in Albanien und kenne die Situation gut. Allerdings bleibt das oftmals nur ein Tropfen auf den heißen Stein, solange es kein umfassendes Management der Populationen gibt, das nachhaltige und ethische Lösungen ermöglicht.“

„Die Mittel der Kohäsionspolitik werden im Rahmen eines geteilten Verwaltungsansatzes verwaltet, bei dem die nationalen Behörden für die Auswahl und Umsetzung von Projekten gemäß den in den Programmen festgelegten horizontalen und spezifischen Bedingungen verantwortlich sind.“

                                                  Isabel Arriage E Cunha

Isabel Arriaga E Cunha, Pressesprecherin für Kohäsionspolitik und Reformen bei der Europäischen Kommission, erklärt die Rolle der EU-Mittel im Rahmen der Kohäsionspolitik und gibt Einblicke in die Zuständigkeiten und Kontrollmechanismen:

„Die Mittel der Kohäsionspolitik werden im Rahmen eines geteilten Verwaltungsansatzes verwaltet, bei dem die nationalen Behörden für die Auswahl und Umsetzung von Projekten gemäß den in den Programmen festgelegten horizontalen und spezifischen Bedingungen verantwortlich sind“, so Arriaga E Cunha.

Auf Nachfrage, ob in den Programmzeiträumen 2014–2020 und 2021–2027 Maßnahmen oder Organisationen in Rumänien förderfähig seien, die sich gezielt mit Streunertieren oder Tierheimen befassen, stellt sie klar: „Im Artikel sind keine derartigen Maßnahmen oder Organisationen angegeben, die in diesen Programmzeiträumen förderfähig und zulässig wären.“

Die ordnungsgemäße Anwendung der Grundsätze werde durch „Kontrollen und Prüfungen, einschließlich solcher von den Prüfdiensten der Kommission“ sichergestellt. Zudem werde die Umsetzung „regelmäßig in Monitoring-Ausschüssen überprüft, in denen Vertreter der Sozial- und Wirtschaftspartner vertreten sind, die durch transparente Verfahren ausgewählt werden.“ Diese Gremien genehmigen auch „die Auswahlkriterien und -methoden für Projekte, die aus den Mitteln der Kohäsionspolitik finanziert werden.“

Bezüglich der Mittel aus dem rumänischen Aufbau- und Resilienzplan (RRF) betont Arriaga E Cunha: „Wir können unter den Maßnahmen keine identifizieren, die sich speziell mit streunenden Hunden oder Tierheimen befassen. Daher werden in Rumänien für diesen Politikbereich keine RRF-Mittel bereitgestellt.“

 

Eine Besserung beginnt daher im Kopf eines jeden Einzelnen, durch Beachtung der nationalen Gesetze, dem Stopp eines mafiösen Systems und Kastration statt Tötung als nachhaltigen Tierschutz.


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