Asoziale oder soziale Medien? - Was Hate Speech mit uns macht

Hassrede nimmt Einfluss auf unser Leben. Prof. Dr. Julia Sasse, Ex-Basketballprofi Bastian Doreth und David Beck von der Bayerischen Justiz sorgen an der Hochschule Ansbach für Aufklärung.

Hochschule Ansbach, Hate Speech,soziale Medien

Bild: Lisa-Marie Irschik, Hörsaal Hochschule Ansbach

Kriminalität im Internet: Am Montag fand an der Hochschule Ansbach im Rahmen der Reihe „Campus Wissen“ die Veranstaltung „(A)soziale Medien – Wie Hate Speech entsteht und wie sich Betroffene wehren können“ statt. Ziel: Hate Speech aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Das Publikum war vielfältig, von Studierenden bis zur älteren Generation. Markus Paul, Vizepräsident der Hochschule, betonte „Auch wir sind betroffen. In den Kommentaren dieser Veranstaltung wurde zum Beispiel ein kotzender Smilie gepostet.“

Laut Bundeszentrale für politische Bildung umfasst Hate Speech jede Form von Kommunikation, die Menschen aufgrund von Merkmalen wie Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung herabwürdigt.

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Bastian Doreth spricht über seine Erfahrungen mit Hate Speech und darüber, was Betroffene tun können.

12-jährige legt Feuer nach TikTok-Video

Ex-Basketball-Nationalspieler Bastian Doreth berichtete über Hasskommentare nach Niederlagen: „I hope your family dies today“. Er setzt sich mit „Wir sind mehr“ gegen Rassismus ein und fordert mehr Kontrolle: „Viele Eltern wissen nicht, was ihre Kinder online machen.“ Er fordert Altersgrenzen für soziale Medien – besonders nach Vorfällen wie einem Brand durch eine 12-Jährige, der durch ein TikTok-Video inspiriert wurde. „Social Media ist enorm wichtig. Gerade wir Sportler haben eine große Plattform.“ Sport bewege Menschen und die ganze Nation, sei voller Emotionen und errege Aufmerksamkeit. Doreth vertritt die positive Seite: „Man kann Stellung beziehen, seine Reichweite nutzen. Das ist Motivation für mich.“ Das Wichtigste sei solidarisch kommentieren, aufklären und Zivilcourage zeigen. „Viele sind nur im Internet mutig.“

Prof. Dr. Julia Sasse, Studiendekanin der Fakultät Medien erklärte, dass Hate Speech nicht nur Worte, sondern auch Bilder und Memes umfasst. Die Betroffenen: oft Gruppen, beispielsweise Sportler oder Politiker. Gründe reichen von Wut bis hin zu sozialer Dominanz und Nachahmung. „Man schaut, was andere machen, dann macht man es ähnlich.“  Folgen aus psychologischer Sicht seien Angst, Rückzug und gesellschaftliche Diskursverschiebung. Viele würden Hass mit dem verbreitenden Shitstorm mit der Zeit als normal ansehen.

Sasse betont die Macht von Gegenrede: „Es bringt etwas, sich zu äußern. Je zivilisierter der Ton auf Plattformen, desto zivilisierter das Verhalten.“ Viele Täter wüssten nicht einmal, dass sie Hate-Speech verbreiten. „Was wir aber online posten, wirkt auch offline weiter.“ Die Studiendekanin weist auf Handlungsoptionen, wie blockieren, Gegenrede, melden und anzeigen hin.

Die rechtliche Perspektive

„Haut den Politikern auf die Fresse! Stecht Politiker ab.“ Dieser Post habe für den Verfasser zwei Jahre Gefängnis bedeutet. Die rechtliche Perspektive wurde von David Beck, Beauftragter der Bayerischen Justiz zur Bekämpfung von Hate Speech, vertreten. Hassrede sei kein Straftatbestand – aber Äußerung sind trotzdem strafbar. Beck zeigte reale Fälle von Hasspostings, die rechtlich geahndet wurden, etwa „Diese Null müsste man an den Eiern aufhängen!“ oder „Sofort wegsteinigen dieses Stück Scheiße!“ Politiker seien besonders häufig betroffen. „Das Äußerste ist, dass jemand zur Tat schreitet.“  

Hate Speech könne meist nicht sofort auf einen Blick erkannt werden: „Ein Meme über eine überfüllte S-Bahn ist auf den ersten Blick lustig, doch eigentlich sollte ein Zug nach Auschwitz dargestellt werden.“ Die Täter fragen sich, wie sie mit Memes ihre rassistische Ansicht verbreiten können. „Humor eignet sich da ganz gut.“ Die Geldstrafen: mehrere Monatsgehälter. Manche Täter seien leicht identifizierbar. Beck erzählt von einem Nutzer, der mit alias Namen arbeitete – aber dann ein Bild mit seinem Auto und Kennzeichen postete. Wichtig: „Kommentare sichern und zur Anzeige bringen.“

Am Ende waren sich Dorath, Sasse und Beck einig: „Wir sprechen nicht von asozialen, sondern von sozialen Medien.“ Gegenrede sei aber notwendig. Dorath betont: „Soziale Medien können Vielfalt, Liebe und Respekt zeigen – wenn wir den Mut haben, dem Hass entgegenzuwirken.“ Sasse ergänzt: „Auch, wenn wir nicht betroffen sind, macht es etwas mit uns.“

Die Meinungen der Besucher waren vielfältig. Zwei Studentinnen aus dem Fachbereich Medienpsychologie fanden die Veranstaltung sinnvoll: „Ich melde Vieles und schreibe Gegenposts.“ Eine 70-jährige Besucherin, die erst seit Kurzem ein Smartphone besitzt, äußerte sich kritisch: „Ich bin definitiv für den Standpunkt asoziale Medien. Viele Menschen können keine echten Unterhalten mehr führen.“ Trotzdem fand auch sie die Veranstaltung wichtig: „Ich mische mich immer ein und schaue nicht weg.“

Hilfe und Kontakt

David Beck verwies auf mehrere Anlaufstellen für Betroffene: Eine Anzeige kann bei jeder Polizeidienststelle erstattet werden. Darüber hinaus bietet die „Meldestelle Respekt“ Unterstützung unter www.meldestelle-respect.de. Auch die Organisationen „WEISSER RING“ (www.weisser-ring.de) und „HateAid“ (www.hateaid.org) stellen hilfreiche Beratungsangebote für Opfer bereit. „Das BKA erreicht eine Aufklärungsquote von 86 bis 90 Prozent“, ergänzt Beck. 

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Politiker auf Platz 1 der meist betroffenen Gruppen. 




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