"Ich lebe in meinem eigenen Kunstwerk"
Wie frei kann Studieren sein? Simon Marian Hoffmann und Michael Schoett aus Stuttgart präsentieren Uniartcity of Flow Valley in der Zukunftswerkstatt Schloss Tempelhof und kritisieren das deutsche Bildungssystem.
Simon Marian Hoffmann (links) und Michael Schoett (rechts)
Studierende gestalten die Uni selbst: Simon Marian Hoffmann und Michael Schoett entwickeln Uniartcity of Flow Valley als eine alternative Hochschule mit selbst bestimmtem Lernen. Dabei stehe „Uni“ für das Universum des Forschens. „Art“ bedeute, dass Forschung durch Kunst ausgedrückt wird – symbolisiert durch den Bildungsbrief. „City“ stehe für die Vielfalt – verschiedene Weltanschauungen, Kulturen und Perspektiven. Mit ihrem Projekt möchten die zwei Stuttgarter in der Zukunftswerksatt Schloss Tempelhof ein internationales Hochschulformat schaffen: „Die Studierenden schreiben ihr eigenes Curriculum, den Bildungsbrief“, so Hoffmann. Die Universität verbinde Theorie und Praxis mit einem neuen Förderprogramm für junge Führungskräfte. Der 28-Jährige Filmemacher, Musiker, Künstler und Philosoph stand bereits als Voract von „Deichkind“ mit Culcha Candela auf der Bühne.
Simon Marian Hoffmann und Michael Schoett im Gespräch
Simon Marian Hoffmann: Ich komme aus der Kunst, dem
Film und der Musik. Ich habe mehrere Filme produziert, die mit Preisen
ausgezeichnet wurden. Mit diesen Projekten habe ich immer wieder Räume für
junge Menschen geschaffen, in denen sie zusammenkommen, um das Potenzial von Gemeinschaft
zu erleben und gemeinsam Neues zu kreieren.
Aus diesem filmischen Kontext heraus entstand irgendwann der
Wunsch, gesellschaftlich und politisch wirksam zu sein – durch Kunst, die zur
Kulturgestaltung beiträgt. So war ich Mitbegründer des Vereins Demokratische
Stimme der Jugend und habe den Dokumentationsfilm „Bildungsgang“
entwickelt, der auch im Kino gezeigt wurde.
Dort haben wir uns mit einer entscheidenden Frage
auseinandergesetzt: Wenn Demokratie bedeutet, dass jede Stimme zählt, warum
werden junge Menschen in der Schule in eine diktatorische Struktur gezwungen,
in der ihnen alles vorgegeben wird? Diese Form der Bildung ist nicht
zukunftsfähig. Aus dieser Bewegung heraus entstand die Idee, selbst bestimmte
Jugendräume zu schaffen – Orte, an denen wir als junge Menschen frei forschen
und herausfinden können, wie wir unsere Zukunft gestalten möchten. Statt gegen
bestehende Strukturen zu kämpfen, wollen wir das Künftige schon heute zwischen
uns leben.
Ja, das ist auch die Idee dieser Schule – eine Schule für
freie Bildung. War das der Grund, weshalb Sie Tempelhof gewählt haben?
Michael Schoett: Mehr oder weniger – die Entscheidung
war etwas komplexer.
Herr Schoett, können Sie uns etwas über Ihre Person
erzählen?
Michael Schoett: Gerne. Ich muss kurz überlegen, was
Sie schon über mich wissen, da sie bisher nur Kontakt zu Simon hatten. Was wir
hier tun, haben wir über die letzten 7 Jahre gemeinsam entwickelt. Seit 2
Jahren setzen wir genau dieses Format “Uniartcity of Flow Valley” hier um.
Ich war, ähnlich wie Simon, während meiner gesamten
Schulzeit Musiker – Schlagzeug war meine Leidenschaft. Bewegung und Musik haben
mich am meisten geprägt. Wissenschaft hat mich immer dann interessiert, wenn
ich wusste, warum ich mich damit beschäftige. Wenn ich Interesse hatte, war ich
sehr gut. Wenn nicht, war ich schlecht. Man kann eben nur das wirklich lernen,
was einen auch begeistert.
In der Schule wurde ich jedoch oft gezwungen, mich mit
Themen auseinanderzusetzen, die mich nicht interessieren – und das ging
meistens schief.
Ihr Ziel ist es also, Bildung so zu gestalten, dass jeder
Mensch sein eigenes Studium nach seinen Interessen formen kann?
Michael Schoett: Genau! Es geht darum, sich nach den
Dingen zu richten, die einen wirklich interessieren. Oft sind Studiengänge sehr
spezifisch und starr. Was ist, wenn ich internationale Beziehungen studieren
möchte, mich aber besonders für die Art der Kommunikation und den Dialog über
bestimmte Themen mit bestimmten Menschen interessiere? Dann muss ich eine
Vielzahl von standardisierten Inhalten lernen, während das, was mich wirklich
fasziniert, im Studium kaum vorkommt.
Aber nochmal zurück zu meinem Weg: Ich habe Schlagzeug
gespielt und kleine Bands sowie Ensembles gegründet. Mit 19, direkt nach dem
Abi, habe ich die Band Zimmer 90 mit ins Leben gerufen, die mittlerweile
international erfolgreich ist.
Eigentlich wollte ich Wirtschaftsingenieurwesen studieren,
doch ich entschied mich stattdessen spontan für eine Kochausbildung – ich
konnte mir einfach nicht vorstellen, wieder lange stillzusitzen und mir Dinge
anzuhören, die mich nicht wirklich interessieren.
Am Ende meiner Ausbildung arbeitete ich ein Jahr lang in
einem Zwei-Sterne-Restaurant in Fellbach. Danach schlug ich eine ganz andere
Richtung ein. Die Musik blieb ein Schwerpunkt, ebenso die Bandgründung. Doch
währenddessen entstand auch unser gemeinsames Projekt – damals mit vielen
weiteren Beteiligten, die inzwischen ihre eigenen Wege gegangen sind.
Vor vier Jahren begann ich mit der Entwicklung von Spielen –
Kommunikationsspiele, Kartenspiele. Droptalk ist eines davon. Ich habe
verschiedene Versionen geschaffen: auch eines zum Thema Geld in Beziehungen und
viele mehr. Gerade entsteht auch eins zur Teamkultur in Unternehmen.
Diese Spiele helfen, auf spielerische Weise über Themen zu
sprechen, über die man sonst selten spricht – sei es in Freundschaften, Familie
oder Teams. Denn was uns in unseren Räumen immer wieder auffiel: Die Art des
Miteinanders bestimmt maßgeblich, welche Ideen entstehen.
Wenn wir uns in einer vertrauensvollen, ehrlichen Umgebung
bewegen, sind wir auch ehrlicher mit uns selbst. Dadurch finden wir heraus, was
wir wirklich tun wollen. Manche verfolgen einen Beruf nur des Geldes wegen,
weil es Sicherheit verspricht. Andere haben große Träume, doch die Angst zu
scheitern hält sie zurück.
Und genau das interessiert uns: Was ist das, wofür du
brennst, aber Angst hast, es umzusetzen? Etwas, das dich fasziniert, obwohl du
noch nicht weißt, wohin es dich führen wird – oder ob du jemals damit Geld
verdienen kannst?
Deshalb haben wir diesen Raum geschaffen.
Und stellen wir uns vor, jemand studiert hier –
vielleicht BWL. Ich erinnere mich gut an mein eigenes Studium: Manche
Vorlesungen waren regelrechte Einschlafkurse. Wie funktioniert das Lernen hier?
Wie kann man sich das vorstellen?
Simon Marian Hoffmann: Wir haben herausgefunden, dass
Bildung dann am besten funktioniert, wenn sie mich wirklich interessiert.
Deshalb sammeln wir zunächst Fragen.
Die Menschen bewerben sich bei uns nicht für ein Fach,
sondern mit ihren Interessen: Was möchte ich lernen? Was begeistert mich?
Ein Beispiel: Jemand schreibt auf, dass er ein Start-up gründen möchte.
Gleichzeitig fasziniert ihn Gärtnern. Daraus entwickelt er sein persönliches
Curriculum – seinen Bildungsbrief.
In einem klassischen BWL-Studium lernt man oft nur
theoretische Konzepte, die wenig mit praktischer Unternehmensführung zu tun
haben. Ich selbst habe BWL angefangen zu studieren und fand es schräg, wie
wenig es mir tatsächlich half, etwas aufzubauen. Hier hingegen basiert das
Lernen auf einem lebendigen Menschenbild: Der Mensch ist kein Homo
economicus, sondern ein ständig werdendes Wesen.
Unser Bildungsbrief passt sich genau daran an: Er orientiert
sich an den aktuellen Fragen der Studierenden. Vielleicht beschäftigt mich
heute Unternehmertum, aber morgen interessiert mich Gärtnern. Dann kann ich
mich dem widmen – ich pflanze, beobachte das Wachstum, verstehe, was die
Pflanze braucht. Plötzlich erkenne ich Parallelen: Mein Unternehmen, wann
muss ich es „gießen“? Ich brauche eine Idee – einen Samen. Diese
Zusammenhänge erschließen sich im Tun – etwas, das ein klassisches Studium oft
nicht bietet.
Michael Schoett:
Interdisziplinäres Lernen statt starrer Studiengänge.
Traditionelle Studiengänge beschränken sich auf feste Disziplinen. Natürlich
ist Spezialisierung wichtig, aber dauerhafter Fokus auf nur einen Aspekt kann
das große Ganze aus den Augen verlieren.
Ein gutes Beispiel ist die Medizin: Wenn ich nur über das
Herz lerne – Herzklappen, Kreisläufe – aber nichts über Stress und Psychologie,
kann ich nicht verstehen, wie diese Aspekte zusammenwirken. Dabei sind viele
Krankheiten psychosomatisch bedingt!
Hier in unserer Uniartcity ist es anders: Studierende
bewerben sich nicht für BWL, sondern mit dem, was sie lernen möchten. Es
geht nicht darum, ECTS-Punkte zu sammeln. Es geht darum, ein Thema durch
eigenes Erforschen wirklich zu verstehen.
Ein Beispiel: Jemand interessiert sich für Gartenbau und
möchte eine nicht genmanipulierte Samenvariante kultivieren. Er kombiniert sein
Interesse an Pflanzen mit Unternehmertum:
- Er
forscht an der Pflanze,
- Er
gründet ein Team,
- Er
testet den Markt,
- Er
lädt Experten ein – aber stets mit der echten Fragestellung als
Ausgangspunkt. Und genau so entsteht kraftvolles Lernen.
Natürlich gibt es Momente, in denen man sich erst einmal
Grundlagen aneignen muss – durch Bücher oder andere Methoden. Doch dieser
Übergang ist individuell und projektabhängig.
Simon Marian Hoffmann: Uniartcity – ein Raum für Forschung und kreativen
Ausdruck. Unser Konzept heißt “Uniartcity”, das Gelände “Flow Valley”
- Uni
steht für das Universum in dem wir forschen und uns bilden
- Art
bedeutet, dass Forschung durch Kunst ausgedrückt wird. Der Bildungsbrief
bildet diesen freien Ausdruck ab.
- City
steht für Vielfalt – verschiedene Weltanschauungen, Kulturen und
Perspektiven.
Bildung ist hier nicht an ein Portfolio oder ein Formular
gebunden. Ausdruck ist frei: Der Bildungsbrief kann in einem Video, einer
Performance, einem Produkt oder einem Vortrag stattfinden.
Michael Schoett: Sobald ich auf meine Art ausdrücke,
was mich bewegt, entsteht Kunst – sei es durch ein Unternehmen oder ein anderes
Projekt.
Und Unartcity möchte noch mehr: Es soll all das bieten, was
junge Menschen in die Großstadt zieht – gutes Essen, Partys, Austausch,
Begegnung, Natur. Ein lebendiger Raum, in dem jeder sein eigenes Lernen
gestalten kann.
Die drei Säulen des Bildungsbriefs
- Selbstbestimmte
Lernziele – Jeder definiert, was er lernen möchte.
- Mentoren
finden – Das können Professoren sein, aber auch ein Buch, eine Beobachtung
in der Natur oder sogar KI.
- Freier
Ausdruck – Das Gelernte kann in jeder Form präsentiert werden.
Es geht nicht darum, Wissen abstrakt anzuhäufen. Es geht
darum, das eigene Lernen aktiv zu gestalten.
Und genau dabei kann ein Mentor alles sein – sogar KI wie
ChatGPT. Es ist völlig frei, woher die Lerninhalte kommen. Wichtig ist, dass
sie einen weiterbringen.
Simon Marian Hoffmann: Die dritte Säule ist die
Selbstprüfung.
Wir haben das aktuelle Bildungssystem einfach umgekehrt:
Momentan wird dir alles vorgegeben, und am Ende wirst du von fremden Menschen
bewertet – von Personen, die oft keinen echten Bezug zu dir haben.
Das führt dazu, dass Bildung neutralisiert wird. Ein
Durchschnitt entsteht, bei dem nichts wirklich herausragend ist – weder
besonders gut noch besonders schlecht. Es werden Menschen miteinander
verglichen, obwohl sie ganz unterschiedliche Talente haben, wem dient das? In
Deutschland spricht man mittlerweile offiziell von einer Bildungskrise.
Unser Projekt ist eine direkte Antwort darauf, basierend auf
Erkenntnissen der Jugend: Wir wollen unsere Bildung selbst gestalten und über
unsere Prüfungen selbst entscheiden.
Denn die Prüfung ist ja nicht für irgendjemanden wichtig –
sie ist für mich wichtig. Ich muss wissen: Kann ich das, was ich lernen
wollte, wirklich in die Welt bringen? Bin ich bereit?
Das bedeutet, ich setze mir meine eigene Prüfung. Ich frage
mich: Wann glaube ich mir selbst, dass ich es verstanden habe?
Hier wird es richtig spannend. Denn wir haben eine
“Schein-Gesellschaft” aufgebaut, in der Abschlüsse und Zertifikate oft nur
Bestätigungen ohne echte Praxis sind. Ein Beispiel: Jemand hat sechs Jahre
Psychologie studiert und Theorien auswendig gelernt, aber nie mit echten
Menschen gearbeitet. Dann kommt er plötzlich in die Praxis und soll Personen
begleiten – doch er hat die praktischen Fähigkeiten nie wirklich gelernt.
Wir sagen: Wer Psychologe werden will, muss psychologische
Fähigkeiten entwickeln – echte Gesprächsführung, echtes Zuhören. Eine sinnvolle
Selbstprüfung könnte zum Beispiel so aussehen: Ich begleite zehn Menschen
auf ihrem Weg aus der Depression.
Ein Mentor kann diesen Prozess beobachten und Feedback
geben. Aber das Entscheidende ist: Nicht der Mentor sagt, ob ich es kann –
sondern ich selbst erkenne, wo ich stehe und wo ich mich weiterentwickeln muss.
Diese Selbstreflexion ist eine essentielle Fähigkeit, die
unserer Gesellschaft fehlt – in der Demokratie, in der Wirtschaft, überall.
Unternehmen fordern mittlerweile genau diese Kompetenz:
Menschen, die sich selbst realistisch einschätzen können. Doch das aktuelle
Bildungssystem verhindert diese Fähigkeit.
Unser Projekt möchte genau das verändern.
Denn oft gibt es die Sorge: Was ist, wenn jemand denkt,
er kann es – aber er kann es eigentlich gar nicht? Das Problem ist, dass
wir unserer eigenen Selbstreflexion nicht mehr vertrauen. Wir brauchen ein
Zertifikat, um an unsere eigene Kompetenz zu glauben.
Das zeigt, wie sehr wir das Vertrauen in unsere eigene
Einschätzung verloren haben – ein gesellschaftlicher Schmerzpunkt. Statt zu
fragen: Was denke ich über mich selbst?, ist für viele wichtiger: Was
denken andere über mich?
Michael Schoeth: Genau. Und echte Demokratie beginnt
mit Selbstwahrnehmung: Was will ich? Was will ich nicht?
Doch genau das lehrt das Bildungssystem nicht.
Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie forschen sollen –
weder nach ihren eigenen Interessen, noch nach ihren eigenen Gefühlen. Viele
kennen ihre eigene Wahrnehmung nicht einmal richtig.
Diese Fähigkeit zur Innensicht erlernt man mit viel Glück in
einem Psychologiestudium, oder coaching Ausbildungen – aber nicht systematisch
in der normalen Bildung.
Dabei ist sie entscheidend:
- Wie
geht es mir, wenn mir jemand etwas wegnimmt?
- Wie
geht es mir, wenn ich bestimmte Lebensmittel nicht vertrage?
- Wie
geht es mir damit, dass Waffen in andere Länder geliefert werden?
Das sind Fragen, die viele Menschen erst gar nicht stellen.
Doch genau dieses Bewusstsein braucht es, um eine eigene
Meinung aufzubauen.
Denn echte Überzeugungen entstehen nicht nur aus Wissen,
sondern aus Erleben. Zum Beispiel:
- Wenn
ich einmal wirklich Hunger erlebt habe, verstehe ich den Wert von
Lebensmitteln.
- Wenn
ich Mangel gespürt oder mich damit konfrontiert habe, erkenne ich, warum
er weltweit bekämpft werden muss.
Dieses Forschen an sich selbst ist eine Kernkompetenz, die
im aktuellen System völlig fehlt.
Aber was ist mit den Menschen, die Angst davor haben,
herauszufinden, wer sie selbst sind?
Viele verharren in sicheren Routinen:
- Sie
haben ihr Geld, ihr geregeltes Leben, aber sind unglücklich.
- Sie
haben nicht den Mut, etwas Neues zu wagen.
Wie hilft euer Ansatz diesen Menschen?
Michael Schoeth: Das ist genau der Punkt – deshalb
konzentrieren wir uns auf junge Menschen.
Simon Marian Hoffmann: Wir leben in einer
Gesellschaft, die Bildung systematisch unterdrückt.
Deutschland hat keine Bodenschätze, keine natürlichen
Ressourcen. Unsere einzige echte Ressource ist die Kreativität und Intelligenz
der Menschen.
Doch unser Schulsystem torpediert genau das.
Statt junge Menschen zu fördern, werden sie darauf
trainiert, einfach nur zu folgen. Doch wenn wir nichts ändern, kostet
uns das langfristig unseren Wohlstand.
Deshalb brauchen wir Räume, in denen junge Menschen ihre
eigenen Wege gehen können.
Michael Schoett: Denn je älter man wird, desto
schwieriger wird es, auszubrechen. Wer 30 Jahre lang in einem festen Job war,
kann nicht einfach morgen etwas Neues beginnen.
Das ist auch ein Schmerzpunkt in unserer Gesellschaft. Oft
hört man Sätze wie: Mir hat mein Studium auch nicht geschadet! Oder: Da
musste ich auch durch und solche Möglichkeiten hatte ich gar nicht.
Deshalb fragen sich viele:
- Warum
machen sie das nur für junge Leute?
- Warum
nicht für Ältere?
Die Antwort ist einfach: Junge Menschen haben noch mehr
Freiheit. Sie haben keine festen Jobs, keine Familien, keine finanziellen
Zwänge – sie können es sich noch leisten, zu experimentieren.
Man kann zum Beispiel lernen, mit 400 Euro im Monat zu
leben.
- Weniger
Kosten, weniger Verpflichtungen.
- Weniger
Druck, direkt Geld verdienen zu müssen.
- Mehr
kreativer Raum.
Diese Freiheit ermöglicht einen kraftvollen Wandel.
Und deshalb bieten wir genau diese Möglichkeit: Ein halbes
Jahr lang in einem Raum, in dem man nicht viel muss, sondern frei
forschen kann.
Das ist im jungen Alter noch einfacher – bevor man sich zu sehr in feste Strukturen eingebunden hat.
Das heißt, ihr nehmt den Leuten auch ein bisschen Druck?
Simon Marian Hoffmann Ja, genau! Du sitzt hier nicht in einem Hörsaal, weißt, dass du nächste Woche eine Klausur schreiben musst und büffelst den Stoff unter Zwang.
Michael Schoeth: Das gibt es bei uns nicht. Hier muss sich niemand irgendwelches Wissen „reinprügeln“.
Aber wie läuft das genau ab? Wie lange geht so ein Prozess?
Simon Marian Hoffmann Da hört man es gerade – im Hintergrund er komponiert. Nicht, weil es jemand von ihm verlangt, sondern weil er es möchte. Er sitzt hier in der Natur und arbeitet an seiner Musik, ganz ohne äußeren Druck. Sein Ziel ist es, mit Musik auch Geld zu verdienen und dafür geht er bewusst diese Schritte.
Michael Schoett: Andere bauen sich ein Tiny-House.
Sie wollen handwerkliche Fähigkeiten entwickeln, ohne eine klassische
Ausbildung durchlaufen zu müssen. Sie haben keine Lust, erst hunderte Themen zu
lernen, die nichts mit Tiny-Houses zu tun haben.
Sie interessiert Wohnraum – nachhaltiger,
ressourcenschonender Wohnraum. Also tun sie genau das: Sie bauen ihn!
Natürlich stoßen sie dabei auf Herausforderungen – sie
verstehen anfangs wenig von Stromkreisen oder bestimmten Baumaterialien. Doch
ihre Motivation, dieses Haus zu erschaffen, treibt sie an. Sie lernen über das
Internet, durch Bücher und durch Mentoren.
Jeden Tag arbeiten sie daran, aus purer Motivation.
Niemand zwingt sie. Und vor allem – Simon und ich sind keine
Handwerker. Doch sie suchen sich die richtigen Menschen, die ihnen helfen
können.
Ein Handwerker aus dem Feld kommt vorbei, wenn jemand
feststeckt. „Wie mache ich das?“ – fragt ein Student. Der Mentor schaut sich
das Problem an: „Hier musst du auf das und das achten.“ Der Student lernt
daraus und setzt es direkt um.
Diese Art des Lernens kann für junge Menschen inspirierend sein. Und am Ende steht das Tiny-House. Wir können später vorbeischauen und Bilder machen – es gibt bereits mehrere Tiny-Houses hier. Diese Projekte entstehen einfach aus der Eigeninitiative der Menschen.
Simon Marian Hoffmann: Genau! Hier kann man so viel Verschiedenes ausprobieren.
Hat euch das auch zu eurem Projekt inspiriert?
Simon Marian Hoffmann: Absolut!
Viele Jugendliche wissen am Anfang nicht genau, wohin sie
wollen.
Unsere zehn Jahre Jugendarbeit mit dem Verein Demokratische
Stimme der Jugend haben genau das gezeigt: Junge Menschen haben Ideen
und brauchen vor allem einen Raum, um ihre Ideen auszuprobieren.
Und genau diesen Raum stellen wir zur Verfügung.
Manchmal wissen junge Menschen nicht sofort, ob sie
Schreiner werden möchten – vielleicht wollen sie einfach nur bauen. Dann
entdecken sie plötzlich, dass sie Elektrik interessiert oder
Lichtinstallationen spannend finden. Manche gelangen dann zu ganz anderen
Bereichen.
Es geht darum, einen Raum zu haben, in dem man forschen kann
– ohne sich sofort für 40 Jahre auf eine feste Arbeit festzulegen.
Unsere Gesellschaft funktioniert noch nach alten Strukturen:
- Du
machst deine Ausbildung.
- Du
arbeitest jahrzehntelang in einem Beruf.
Doch für unsere Generation ist das nicht mehr
erstrebenswert.
Wir kritisieren das Alte nicht – es war wertvoll und
notwendig in seiner Zeit. Aber heute brauchen wir neue Wege.
Wir möchten der Gesellschaft ein Angebot machen:
Wenn junge Menschen etwas wirklich wollen, wenn sie für ihre
Arbeit brennen, dann profitieren wir alle davon.
Denn echte Begeisterung führt zu neuen Ideen, neuen
Projekten – und echten Innovationen.
Deswegen ist Uniartcity so wertvoll für die
Gesellschaft:
- Ein
Raum zum Forschen.
- Ein
Raum zum Entwickeln neuer Konzepte.
- Ein Raum, in dem tatsächlich neue Dinge entstehen.
Michael Schoett: Darum nennen wir es Flow Valley
– eine bewusste Anspielung auf das Silicon Valley in den USA.
Das Silicon Valley dreht sich um Leistung, Macht und
Gewinnmaximierung.
Simon Marian Hoffmann: Doch genau diese Mechanismen bringen unser
Bildungssystem durcheinander.
Wissen ist heute nicht mehr der entscheidende Faktor. Es geht um echte menschliche Fähigkeiten. Die zentrale Frage lautet: Was ist eigentlich der Mensch? Welche Rolle hat der Mensch, wenn Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen? Wir wollen diese Frage anders beantworten: Nicht mit künstlicher Intelligenz, sondern mit natürlicher Intelligenz.
Michael Schoett: Wenn wir wissen, was uns gut tut –
wenn wir uns selbst einschätzen können – dann macht uns die Zukunft weniger
Angst.
Wenn ich weiß, wie viel Pause ich brauche… Wenn ich verstehe, was mich stärkt oder schwächt… Dann kann ich mich selbst steuern. Und genau das erforschen wir hier: Den Menschen in seiner gesamten Genialität zu erfahren.
Aber was ist mit den Menschen, die sagen: „Ich weiß eigentlich gar nicht, wer ich bin“?
Michael Schoett: Natürlich helfen wir auch diesen
Menschen.
Simon Marian Hoffmann: Unsere Gesellschaft hat sich
so entwickelt, dass viele ihre eigene Identität nicht erforscht haben. Bildung
sollte genau das ermöglichen.
Junge Menschen haben die Freiheit, neue Wege zu gehen.
Eine unserer echten Ressourcen in Deutschland ist die
Kreativität der Menschen. Doch unser Bildungssystem unterdrückt sie.
Deshalb brauchen wir Bildungsräume, in denen echte
Entwicklung möglich ist. Und deshalb möchten wir auch die gesamte Region dazu
einladen mitzumachen. Es braucht uns alle und jeder kann ein Teil davon
sein.
Michael Schoett: Auf einer gewissen Ebene kann KI uns
vermutlich irgendwann outperformen – wenn sie es nicht schon kann. Aber was
Simon vorhin meinte, ist entscheidend: Die menschliche Technologie liegt
in Dingen, die weit über Algorithmen hinausgehen – z.B. in unserer Fähigkeit,
unterbewusst zu erfassen, was bei anderen Menschen passiert.
Unser Nervensystem nimmt unzählige feine Signale wahr –
vieles davon wird jedoch nicht bewusst trainiert oder wahrgenommen. Wir könnten
viel stärker spüren, wie es anderen geht: nicht nur anhand von Mikro-Mimik,
sondern auch durch subtilere körperliche Ausdrucksweisen.
Ein Beispiel: Ich muss nicht sehen, dass dein Auge leicht
zuckt, um zu merken, dass du lügst. Ich kann spüren, ob dein Körper Trauer in
sich trägt – selbst wenn du dich äußerlich kaum bewegst.
Diese Beziehungsarbeit kann uns eine KI nicht
abnehmen. Echte Verbindung entsteht durch menschliche Wahrnehmung.
Und genau diese Fähigkeit brauchen wir täglich:
- In
der Arbeit.
- Beim
Verkaufen an der Kasse.
- Im
direkten Kontakt mit Menschen.
Beziehungen leben davon, dass ich mich selbst wahrnehme –
und zugleich erkenne, wie sich mein Gegenüber fühlt. Erst dann entsteht echte
Begegnung.
Simon Marian Hoffmann: Genau das geschieht in der Uniarcity.
Wir halten diesen Raum bewusst – Luisa Schmidt gehört
ebenfalls zur Projektleitung und kommt später vielleicht zum Foto dazu.
Unser Ziel ist es, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben,
das zu erfahren – aber gemeinschaftlich.
Hier hat jeder seine eigenen Aufgaben, geht seinen eigenen
Fragen nach. Sogar die Organisation der Uni wird von den Studierenden
mitgestaltet – das gehört zum Studium und der Selbstbestimmung.
Dadurch entwickeln sie nicht nur Fachwissen, sondern auch
soziale Fähigkeiten. Sie lernen sehr viel über sich selbst, weil sie sich
mitteilen:
"Ich habe Angst davor."
Michael Schoett: Und hier passiert das Entscheidende:
In einem Umfeld von Vertrauen erleben die Studierenden, dass sie mit ihren
Ängsten nicht allein sind.
Sie probieren es einfach aus. Sie stellen sich in die Mitte,
präsentieren ihre Ideen, bauen Selbstbewusstsein auf.
Und durch diesen Prozess entsteht etwas Neues. Nach nur
sechs Wochen hat sich eine komplett andere Umgangskultur entwickelt.
Jetzt haben viele das Selbstvertrauen, ihre eigenen
Forschungsfragen anzugehen. Und vor allem: Sie dürfen Fehler machen.
Denn niemand macht sie fertig oder bewertet sie ungefragt,
wenn etwas schiefgeht.
Stattdessen sagen wir: "Okay, das hat nicht so gut
geklappt – spannend! Was brauchst du, um es nochmal zu versuchen?"
Dieses unterstützende Umfeld, die Sozialen Aufgaben und die überraschenden Herausforderungen bringen echte Führungsqualitäten und Resilienz hervor.
Simon Marian Hoffmann: Genau hier entstehen die
Fähigkeiten guter Führungskräfte:
- Sie
erkennen, was Menschen brauchen.
- Sie
verstehen, wie es anderen wirklich geht.
- Sie
gehen mutig voran für das, was ihnen wichtig ist
- Sie
kennen den Wert von Freiheit, Selbstbestimmung und Eigeninitiative
- Sie
entwickeln einen Gesamtüberblick, weil sie nicht nur in einem Bereich
feststecken, sondern auf verschiedenen Ebenen mitdenken. Sie arbeiten auf
der Mikro- und Makroebene. Sie können Kooperation
- Wir
sind hier an der absoluten Spitze der Bildungsforschung. Professoren, mit
denen wir sprechen, sagen, dass unser Ansatz so zukunftsweisend ist, dass
viele ihn noch gar nicht richtig einordnen können.
- Um
das ganz praktisch herunterzubrechen:
- Wir
haben hier Menschen, die Musik machen wollen. Die eine lernt
Musikproduktion, der andere spielt ein Instrument, der nächste möchte
singen.
- Durch Kooperation entsteht ein gemeinsames Projekt.
Michael Schoett: Ein Album, zum Beispiel.
- Der
eine lernt Recording, der andere Songwriting, die nächste übt Klavier.
Zusammen schaffen sie ein Musikstück – und noch mehr: Sie haben sogar ihr
eigenes Studio gebaut.
- Wir
hatten einen alten, kaputten Wagen. Innerhalb von sechs Wochen wurde der
Boden neu gemacht, alles ausgeräumt – und ein Studio eingerichtet.
- All das geschieht aus Eigeninitiative.
Und um es nochmal runter zu brechen. An einer
“University” Studierst du Inhalte die zum größten Teil für dich vorgegeben
werden und machst deinen Bachelor oder Master als Abschluss.
An unserer Uniartcity studierst du dein eigenes
Curriculum und machst deinen Bildungsbrief als Abschluss. Hier Lernst du auf
selbst bestimmte Art, setzt dir deine Lernziele, wählst selbst deine Quellen und
Mentor*innen und lernst dich selbst zu Prüfen und deine Fortschritte
einzuschätzen oder suchst dir Menschen für Feedback von denen du lernen
möchtest.
Uniartcity – Die selbst bestimmte Hochschule einer neuen Generation
Einleitung: Bildung selbst gestalten
In einer Zeit, in der junge Menschen sich zunehmend nach
sinnstiftender Bildung sehnen, setzen Michael Schoett und Simon Marian Hoffmann
ein kraftvolles Zeichen. Mit der Uniartcity und dem Bildungsbrief etablieren
sie eine neue Form von Hochschule, die auf Selbstbestimmung, kulturelle
Vielfalt und Vertrauen basiert. Dieser Artikel zeichnet ein Porträt der beiden
Gründer, beschreibt ihre Visionen, ihre Praxis und die gesellschaftliche
Relevanz ihrer Arbeit.
Die Entstehung einer Bildungsform
Die Geschichte beginnt 2017 mit einer einfachen Frage: Wie
kann Bildung jugendgerechter, freier und selbst bestimmter werden? Diese Frage
stellte sich eine Gruppe junger Menschen aus dem Umfeld des Vereins
"Demokratische Stimme der Jugend e.V.", unter ihnen Simon Marian
Hoffmann. Daraus entstand der "Bildungsgang", eine Kampagne für mehr
Mitbestimmung der Jugend in der Bildungslandschaft. Sie reisten durch
Deutschland, hielten Vorträge, organisierten Workshops und filmten eine Dokumentation.
Die daraus entstandene Kinodokumentation
"Bildungsgang" wurde 2023 in mehr als 60 Städten gezeigt. Im Zentrum
des Films steht eine Vision: der Bildungsbrief.
"Wir wollten ein Format schaffen, das zeigt, was wir
wirklich gelernt haben – nicht, was man von uns erwartet hat", sagt Simon.
Der Bildungsbrief ist ein neues, selbst bestimmtes Abschlussformat, das
Eigenverantwortung und kreative Gestaltungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt
stellt.
Der Bildungsbrief – Lernen sichtbar machen
Der Bildungsbrief (kurz: BIB) ist ein umfassendes und
formfreies Dokumentationsformat, in dem Menschen ihre Erkenntnisse und
Fähigkeiten selbst bestimmt festhalten. Er ist kein Ersatz, sondern ein neuer
Weg, Bildung auszudrücken:
"Der BIB ist eine umfassende und formfreie
Dokumentation der Erkenntnisse und Fähigkeiten des Studierenden."
"Der BIB ist ein selbst bestimmtes Curriculum, das
andersartig jedoch gleichwertig zu herkömmlichen Abschlüssen anzusehen
ist."
"Der BIB ist gesellschaftlich anerkannt."
Die drei Schritte des Bildungsbriefs:
- Intrinsisch motivierte Ausrichtung – klare Zielsetzung,
Forschungsfrage oder Interessensgebiet
- Umsetzung – Mentoren, Quellen, Umfeld, Methodik
- Selbstprüfung – Präsentation, Bezeugung,
Reflexion
"Es geht darum, dass Lernen nicht nur im Klassenzimmer
passiert", sagt Michael. "Wenn du ein Festival organisierst, dich
monatelang mit einer Frage beschäftigst oder ein Tiny House baust – das alles
sind Bildungsprozesse."
Der Bildungsbrief lädt dazu ein, Jugendkultur als
Erkenntnisform zu verstehen. Er öffnet Bildungsräume für Musik, Handwerk,
Medien, soziale Experimente, ökologische Projekte und vieles mehr. Das Ziel ist
nicht nur ein anderes Abschlusszeugnis, sondern eine andere Kultur des Lernens.
Michael betont: "Immer mehr Arbeitgeber erkennen den
Bildungsbrief als gleichwertig an – nicht, weil sie uns einen Gefallen tun,
sondern weil sie sehen, wie viel echte Kompetenz darin steckt. Es geht um das,
was du wirklich kannst, nicht nur um ein Papier."
Uniartcity – Die selbst bestimmte Hochschule
Mit dem Bildungsbrief allein ist es nicht getan. "Wir
wollten einen Ort schaffen, wo diese neue Form von Bildung wirklich gelebt
werden kann", erklärt Simon.
Daraus entstand die Uniartcity – eine gemeinschaftlich
organisierte Hochschule, in der Studierende ihre Bildungswege selbst gestalten.
Die offizielle Definition lautet:
Uniartcity – Die selbst bestimmte Hochschule
Uni steht für die Forschung im gesamten Spektrum des
Universums.
Art steht für den formfreien Ausdruck des Erforschten und Gelernten –
das Studium im Bildungsbrief.
City steht für den Ort der Vielfalt, Begegnung und des kulturellen
Austauschs.
Die Uniartcity wird von Studierenden gemeinschaftlich selbst
organisiert und gestaltet. Mit einem eigenen Abschluss: dem Bildungsbrief. Sie
steht für Vielfalt – inhaltlich, menschlich und kulturell.
Als ersten Standort wurde ein Gelände in der Natur bei
Schloss Tempelhof gewählt. Im so genannten Flow Valley stehen Jurten, Tiny
Houses, Werkstätten, eine Gemeinschaftsküche – und es gibt kein Klassenzimmer.
"Wir lernen ganzheitlich, im echten Leben, der Praxis
und im Miteinander", sagt Michael. "Die Uniartcity ist keine
Simulation – sie ist ein reales soziales Ökosystem."
Alltag, Praxis und Kultur
Im Studienalltag strukturieren sich die Studierenden selbst:
- Morgenkreise
- Forschungszeiten
- Peer-Mentoring
- Interne und öffentliche
Präsentationen
Themen entstehen aus persönlichem Interesse: Von Permakultur
bis Musikproduktion, von Philosophie bis Unternehmertum.
"Jugendkultur ist für uns eine Erkenntnisform. Wenn
jemand Rap macht, dann ist das nicht nur Ausdruck – es ist Forschung. Es ist
Weltverstehen."
Dabei geht es nicht um Beliebigkeit, sondern um Tiefe. Der
Bildungsbrief verlangt Verantwortung. "Das ist kein Easy-Way-Out – das ist
ein Deep-Way-In", so Simon.
Ein Netzwerk wächst – Uniartcity of Flow Valley als
Bildungslandschaft
Aus dem Flow Valley entwickelt sich ein wachsendes Netzwerk
selbst organisierter Lernorte. Der Begriff spielt bewusst auf das Silicon Valley
an – hier jedoch wird keine künstliche, sondern natürliche Intelligenz
erforscht. Die Frage lautet: Wie gestalten wir Lernen im Einklang mit Mensch,
Natur und Gesellschaft?
"Das Flow Valley ist für uns ein Ort der Verbindung,
von Bildung und Leben", sagt Simon. "Hier geht es nicht nur um
Optimierung, sondern vor allem um Resonanz."
Gesellschaftliche Wirkung und Anerkennung
Immer mehr Institutionen, Unternehmen und Hochschulen
akzeptieren den Bildungsbrief als Grundlage für Bewerbungen. Die GLS Bank und
Edeka etwa fordern kein Abitur oder Studium mehr, sondern akzeptieren
aussagekräftige Bildungsbriefe als Zugangsvoraussetzung.
Michael betont: "Wir sehen, dass der Bildungsbrief
Türen öffnet, weil er zeigt, wer du bist und was du kannst. Und das ist am Ende
das, worauf es ankommt – nicht auf den Stempel, sondern auf die Substanz."
2024 wurde der Bildungsbrief e. V. gegründet, um Menschen
bei der Erstellung zu unterstützen, Netzwerke zu fördern und eine digitale
Plattform zu entwickeln. Eine Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung der
weiteren Forschung, einer Website und App ist in Planung.
Eine Einladung, Bildung neu zu denken
Michael und Simon sehen sich nicht als Gegner des
bestehenden Systems. "Wir sind nicht gegen – wir sind für. Wir beenden
nichts, wir beginnen etwas Neues."
Ihre Bewegung ist ein offenes Angebot an alle, die Bildung
mit Sinn, Tiefe und Freude füllen wollen. Für sie ist Bildung kein Zertifikat,
sondern ein lebendiger Prozess – individuell, gemeinschaftlich, kulturell.
"Wir machen Bildung nicht für Noten oder Punkte – wir
machen sie für Erkenntnis, Verbindung und Zukunft."
Die Uniartcity ist eine Hochschule, die diesen Prozess beherbergt. Der Bildungsbrief ist das Dokument, das ihn sichtbar macht. Und die Bewegung dahinter ist eine Einladung, gemeinsam eine neue Bildungsrealität zu gestalten.
Der eine lernt Recording, der andere Songwriting, die nächste übt Klavier. Zusammen schaffen sie ein Musikstück – und noch mehr: Sie haben sogar ihr eigenes Studio gebaut. Wir hatten einen alten, kaputten Wagen. Innerhalb von sechs Wochen wurde der Boden neu gemacht, alles ausgeräumt – und ein Studio eingerichtet. All das geschieht aus Eigeninitiative.
Michael Schoett (links) mit seinem Bildungsbrief, den Kartenspielen und Simon Marian Hoffmann mit seinem Bildungsbrief im Hintergrund: "Ich lebe darin"
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