Seine Tiere geben ihm Ruhe

Hirsche züchten war immer sein Jugendtraum, den er sich erfüllt hat. Hans-Georg Bäuerlein aus Maulach ist Hobbylandwirt, Schlosser, Mechaniker und Familienvater


Hans-Georg Bäuerlein zur Fütterungszeit in seinem Wildgehege. Meistens kommt die ganze Herde. Manchmal lassen sie sich auch aus der Hand füttern. 

„Mein erster Hirsch war mir irgendwann nicht mehr geheuer“, erzählt Hans-Georg Bäuerlein aus Maulach mit einem Lachen. Seit 1982 ist der 63-Jährige staatlich geprüfter Wirtschafter für Landbau. Er betreibt einen Stall mit Rindern und Schweinen in Ingersheim. „Vorher hatten wir noch Milchvieh. Seit 2017 bin ich aber Hobbylandwirt.“ Ein Gehege voller Hirsche ist immer sein Jugendtraum gewesen, den er im November 2018 nach sieben Jahren Planung verwirklicht. „Nach unzähligen Behördengängen und dem aufwändigen Bau des Geheges haben mein Sohn und ich die ersten drei Hirsche geholt“, erinnert sich der Hobbylandwirt mit Stolz zurück. Dieses Ereignis ist in die Familiengeschichte eingegangen. Jeder ist zum Gehege gekommen, um einen Blick auf die neuen Mitbewohner zu werfen. Aus einem männlichen und zwei weiblichen Hirschen sind schnell 20 Tiere geworden. Das Wildgehege nahe Crailsheim umfasst 4,5 Hektar, aktuell leben dort 14 Tiere. „Zugelassen ist es für 60 Hirsche.“ Der gelernte Landmaschinenmechaniker absolvierte seine Ausbildung von 1979 bis 1981. Seitdem arbeitet er als Mechaniker und Schlosser in Crailsheim. Hans-Georg Bäuerleins Tag beginnt früh: um 4:30 Uhr aufstehen, Stallarbeit, arbeiten in seinem Beruf, Futter für die Tiere holen, Getreide anbauen, wieder zurück in den Stall, abends die Hirsche versorgen und den Zaun kontrollieren.

Seine Tiere geben ihm Ruhe. „Ich kenne es nicht anders, da ich auf einem Bauernhof groß geworden bin.“ Neben der Arbeit bewirtschaftet der Hobbylandwirt Wald, Wiesen und Äcker. Nach dem Tod seines Vaters entschied er sich den Familienbetrieb weiterzuführen. „Mich hat das gereizt, da die Landwirte Schlange standen und den Stall übernehmen wollten. Ich dachte mir: Nein, jetzt erst recht!“  

Der Fuhrpark der Landwirtschaft ist traditionell: Eine Rundballenpresse von 1987 sei seine neueste Maschine. Ein Mähdrescher aus dem Jahr 1974 ziert noch heute die Scheune. „Jetzt will ich mich aber von ihm trennen.“ Eine wirkliche Herausforderung sei für den 63-Jährige seine Augenoperation nach einem Betriebsunfall gewesen. „Es funktioniert einfach, doch man darf nicht aus der Routine kommen. Im Krankenhaus fährst du auf null runter.“

Der Mechaniker ist in seiner Jugend bis ins junge Erwachsenenalter sehr aktiv gewesen – Theaterspielen, Fußball, Feuerwehr und Katastrophenschutz prägten ihn bis zum 25. Lebensjahr. Für den gebürtigen Ingersheimer ging es nach der Schule sofort aufs Feld – mit seinen Eltern und zwei Geschwistern auf dem Trecker. „Der Hund war auch immer dabei“, erzählt er mit einem Lachen. „Danach haben wir zu fünft oder siebt auf der Straße gespielt.“ Vor seiner Hobbylandwirtschaft klingelte Bäuerleins Wecker bereits um 2:30 Uhr. „Wenn ich so früh raus bin, hat mich auch schon des Öfteren die Polizei ermahnt, wenn ich in Ortsnähe Gras holen war.“ Während seiner Ausbildung war es üblich, morgens beim Vesper um 9 Uhr ein Bier zu trinken. „Azubis sind mit dem Fahrrad rausgefahren, um Stahl zu holen und kamen mit dem Stahl unterm Arm wieder zurück.“ Heute undenkbar – früher normal.

Bäuerleins Tiere bedeuten ihm viel: „Meine Hirsche sind nicht eingesperrt. Sie sind von den Menschen weggesperrt. Leben Rehe im Freien, sterben sie oft qualvoll.“ Das Handy des 63-Jährigen – noch von der alten Sorte. „Es tut das, was es tun muss. Wenn was im Wald passiert, kann ich meine Frau Karin immer anrufen.“ Seine Familie beschreibt ihn als ruhigen, hilfsbereiten Menschen, der für die Enkelkinder immer Zeit findet. Hochzeitsreden für seine Kinder sind besonders in Erinnerung geblieben. „Seine Tiere liegen ihm sehr am Herzen. Mit Streicheleinheiten werden sie sehr oft verwöhnt. Manchmal werde ich ganz neidisch“, erzählt seine Frau Karin Bäuerlein mit einem Lächeln. Bäuerleins Sohn ergänzt: „Bevor Papa etwas Neues kauft, wird das Alte erst repariert.“ Wer Hans-Georg Bäuerlein heute in seinem Rehgehege stehen sieht, wird erkennen: Er lebt sein Hobby, liebt seine Tiere und lässt für seine Familie alles stehen und liegen. 

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