Handwerker-Serie im Hohenloher Tagblatt

Ukrainerin startet als Azubi durch

Liudmyla Martynova aus Odessa beginnt im September ihre Ausbildung zur Frisörin im Salon Hair Sat Satteldorf. Was dieses Handwerk für sie so besonders macht.

Liudmyla Martynova aus Odessa macht eine Ausbildung zur Frisörin in Satteldorf

„Ich war 10 Jahre Frisörin in der Ukraine“, erzählt Liudmyla Martynova. Die 40-Jährige lernte ihr Handwerk direkt in der Praxis, ein Jahr lang wurde sie von einer erfahrenen Friseurin in der Ukraine ausgebildet. Alles, was sie heute kann, hat sie sich durch praktische Erfahrung angeeignet – mit Erfolg: Im September 2025 beginnt für die gebürtige Ukrainerin ein neuer Lebensabschnitt. Seit ihrer Einreise nach Deutschland im April 2022 verfolgt sie ein großes Ziel: eine offizielle Ausbildung zur Friseurin mit Abschluss. „Der Beruf ist meine Leidenschaft.“ Schon früh entschied sie sich gegen die Maniküre und für das Frisörhandwerk – ein Beruf, der sie erfüllt. „Ich freue mich auf meine Ausbildung und liebe meinen Beruf.“ Als kommunikativer und offener Mensch schätzt sie die Bewegung und Abwechslung in ihrem Arbeitsalltag. „Bei der Maniküre muss man immer sitzen. Das ist langweilig.“ Auch die Arbeit sei monoton. Hingegen bringt der Friseurberuf täglich neue Herausforderungen: Schneiden, Färben und kreative Stylings bieten spannende Abwechslung. „Hochsteckfrisuren lerne ich noch hier. Das habe ich noch nicht gemacht.“ Den B1-Deutschkurs hat sie erfolgreich bestanden – eine essenzielle Voraussetzung für ihren Neustart. Doch der Weg dahin war nicht einfach: „Wir konnten die deutsche Sprache nicht“, erinnert sie sich zurück. In der Stadt Odessa, Ukraine, war das Leben für sie, ihren Mann und ihren Sohn gefährlich und nicht mehr sicher. „Deutschland ist sicher und ruhig.“ Der Sprachkurs war eine Herausforderung, doch die Lehrkräfte nahmen sich für jeden Einzelnen Zeit. „Die Lehrer waren sehr gut.“ Trotzdem blieb anfangs die Angst. Ohne Kenntnisse in Deutsch oder Englisch fühlte sie sich fremd. „Deutsch war meine erste Sprache, die ich gelernt habe.“ Das zweite Jahr in Deutschland war für sie und ihre Familie deutlich leichter. Dankbarkeit steht für Martynova an oberster Stelle: „Ich danke Deutschland im Namen aller Ukrainer.“

Auch Saloninhaber Muataz Asmi sieht Martynovas Engagement: „Liudmyla bringt einen echten Mehrwert für meinen Salon.“ Er selbst kam als Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland. „Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass mir jemand helfen würde.“ Heute setzt er sich für sein Team ein, das er als Kollegen betrachtet: „Bei uns gibt es keine Hierarchie.“ Muataz Asmi ist überzeugt von Liudmyla Martynovas Fähigkeiten: „Vor der Zusage habe ich mehrere Modelle bestellt – sie hat das fantastisch gemeistert.“ Um sie bestmöglich zu fördern, schickt er sie bereits im Juni auf ein Fachseminar. Ihre Ausbildung startet im Vollzeitunterreicht an der Berufsschule Crailsheim, später folgt das duale System. Asmi glaubt an ihr Talent: „Sie hat von Anfang an mit Erfahrung gestartet und packt mit vollem Einsatz an.“ Für den Geschäftsführer ist der Friseurberuf mehr als nur eine handwerkliche Tätigkeit. „Ich liebe es, schöne Dinge noch schöner zu machen.“ Die Arbeit mit Menschen bereitet ihm besondere Freude: „Wenn eine Kundin verzweifelt wegen ihrer Haare reinkommt, dann geht sie später glücklich wieder raus.“ Er beschreibt die enge Bindung zu seinen Kunden: „Wir sind auch ein Stück weit Psychologen. Menschen vertrauen uns persönliche Dinge an und wir helfen ihnen dabei sich mit einem neuen Look wieder wohlzufühlen – gerade nach schwierigen Zeiten, wie einer Trennung.“ Deshalb setzt er auf die besten Mitarbeiter und zahlt Martynova sogar während ihrer Vollzeitschule ein Gehalt – eine Seltenheit in der Branche. „Ich möchte, dass sie sich etwas verdienen kann.“ Mit dieser Unterstützung ebnet er ihr den Weg in eine vielversprechende Zukunft.

Die Handwerkskammer Heilbronn-Franken informiert: Eine Ausbildung zum Frisör/zur Frisörin dauert drei Jahre. Im Jahr 2024 befanden sich im Landkreis Schwäbisch Hall 29 und im Landkreis Heilbronn 54 Personen in einer Ausbildung. Der Hohenlohekreis weist 18 und der Main-Tauber-Kreis 24 angehende Frisöre in Ausbildung auf. Die Zahl der gesamte Region Heilbronn-Franken beläuft sich auf 154 Auszubildende. 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kein Vergessen - Der Mord von Fichtenau: Achtung Trigger-Warnung

Rumäniens grausame Realität: das tragische Schicksal der Straßenhunde

Warum Veränderung im Tierschutz dringend nötig ist - Mein Buch soll zu einem europaweiten Tierschutzgesetz verhelfen